Linke Bedenken wegen Terrorermittlung gegen Rechte
Seit seiner Einführung gibt es immer wieder Debatten über den sogenannten Mafiaparagrafen. Das Justizministerium solle die Anwendung exakter festlegen, fordert der SPÖ-Justizsprecher.
WIEN. Sie ist aktionistisch und rechtsextrem: die Identitäre Bewegung. Seit Kurzem ist sie ein Fall für die Justiz. Die Staatsanwaltschaft Graz ermittelt wegen Verhetzung und der Bildung einer terroristischen Vereinigung nach Paragraf 278 b Strafgesetzbuch, der umgangssprachlich auch als Mafiaparagraf bezeichnet wird.
Nun bekommen die Identitären Unterstützung von einer Seite, von der sie es sicher nicht erwartet hätten: von der SPÖ bzw. ihrem Justizsprecher Hannes Jarolim. Wobei es Jarolim nicht um die Identitären geht, sondern um den Paragrafen, nach dem sie angeklagt sind. „Der Mafiaparagraf wurde in der Folge der Anschläge auf das World Trade Center in New York im Jahr 2001 geschaffen und richtet sich gegen terroristische Vereinigungen. Er soll helfen, solche Taten bereits im Vorfeld zu verhindern“, sagt der SPÖJustizsprecher. Er habe den Verdacht, dass die Justiz diese Bestimmung viel zu locker anwende. So werden auch einige Kurden, die bei einer 1.-Mai-Kundgebung der SPÖ gegen den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan demonstriert hatten, mithilfe dieses Paragrafen verfolgt. „Da geht es dann schon darum, ob man seine Meinung noch sagen und demonstrieren kann“, sagt Jarolim.
Wie schnell dieser Paragraf nicht nur gegen Terroristen, sondern auch gegen Tierschützer, Umweltschützer oder Sozialvereine eingesetzt werden kann, mussten Martin Balluch und seine Mitstreiter bereits im Jahr 2011 erfahren. Die Tierschützer wurden wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung angeklagt. Das Gericht sprach sie dann allerdings frei. Der Mafiaparagraf wurde daraufhin abgeändert.
Auch der Staats- und Verwaltungsrechtler Bernd-Christian Funk meldete sich damals zu Wort und kritisierte die Auslegung des Mafiaparagrafen. Und diese Meinung vertritt er auch heute noch. „Der Paragraf ist zu unkonkret, man schießt dann leicht mit Kanonen auf Spatzen.“Jarolim sagt, dass man die entsprechenden Delikte wie Verhetzung oder Sachbeschädigung ja einzeln verfolgen und, wenn sie sich bestätigten, anklagen könne, ohne gleich zu unterstellen, dass es sich um eine terroristische Vereinigung handle.
Auch Justizminister Josef Moser (ÖVP) sieht sich in dieser Causa mit Kritik konfrontiert. Ex-BZÖ-Chef Gerald Grosz meldete sich auf Facebook zu Wort. „Man kann über die politische Ausrichtung der Identitären Bewegung trefflich diskutieren und streiten. Aber § 278 StGB ,kriminelle Vereinigung‘? Ist das dein Ernst? Was kommt als nächster Schritt? Etwa Greenpeace, weil es demonstriert? Global 2000, weil es auf Dächer steigt? Willst du tatsächlich politischen Aktivismus und politische Meinungsäußerung in Zukunft unter dem Mafiaparagrafen aburteilen lassen?“, schrieb Grosz.
Mosers Regierungskollege, Vizekanzler Heinz-Christian Strache, bezeichnete diese Aussagen auf Facebook als „Nachdenkliche Worte!“. Das Justizministerium ist für Jarolim der Schlüssel, um das Problem zu lösen. Eine weitere Änderung der Strafbestimmung brauche man eigentlich nicht, sagt er. Es würde schon reichen, könnte das Ministerium den Staatsanwaltschaften mitteilen, wie dieser Paragraf anzuwenden sei. „Dann, wenn es wirklich um terroristische Vereinigungen geht“, sagt er.