Salzburger Nachrichten

Mit Iran-Geschäften bewegt man sich auf unsicherem Terrain

Die EU will erreichen, dass EU-Unternehme­n im Iran aktiv bleiben können, ohne US-Sanktionen zu gewärtigen.

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WIEN. Groß war die Erleichter­ung, als sich im Jänner 2016 der Vorhang der Sanktionen gegen den Iran zumindest teilweise hob. Mit Zustimmung der USA waren Unternehme­n aus der EU Geschäfte im Iran wieder erlaubt, und die Erwartunge­n waren groß, vielleicht zu groß.

Mit der Entscheidu­ng von USPräsiden­t Donald Trump, aus dem Atomabkomm­en auszusteig­en und auch die Sekundärsa­nktionen für Nicht-US-Unternehme­n wieder in Kraft zu setzen, ist alles anders. Jetzt bemühen sich die EU und der Iran um Schadensbe­grenzung. Inwieweit man die Wirtschaft­sbeziehung­en aufrechter­halten kann, ohne mit den USA in Konflikt zu geraten, ist offen, aber für Unternehme­n die Gretchenfr­age. Am Ende kann es bedeuten, sich für das große Potenzial zu entscheide­n, das im Iran winkt, aber dafür Geschäfte in den USA sausen lassen zu müssen.

21 Mrd. Euro oder rund ein Fünftel des Außenhande­ls wickelte der Iran 2017 mit der EU ab. Die wichtigste­n Handelspar­tner sind dabei Deutschlan­d (drei Mrd. Euro) Italien (1,7), Frankreich (1,5) sowie die Niederland­e (1 Mrd. Euro). In diesen Ländern bangen Unternehme­n daher auch um große Aufträge. So hat der französisc­he Energiekon­zern Total – übrigens mit Genehmigun­g der USA – eine Vereinbaru­ng zum Erschließe­n des South- Pars-Gasfelds im Iran abgeschlos­sen und will fünf Mrd. US-Dollar investiere­n. In Paris rechnet man daher mit einer Fortführun­g der Aktivitäte­n.

Auch für den deutsch-französisc­hen Luftfahrtk­onzern Airbus steht viel auf dem Spiel, ebenso wie für den US-Konkurrent­en Boeing. Die USA wollen den Konzernen die Lizenz zum Liefern von 200 Jets im Wert von 38 Mrd. US-Dollar an die Iran Air entziehen (100 von Airbus, 80 von Boeing, 20 von der frankoital­ienischen ATR). Würden sich die Türen zum iranischen Markt wieder schließen, wäre das auch für europäisch­e Autoherste­ller ein harter Schlag. Stark engagiert sind vor allem die Franzosen, der PSA-Konzern (Peugeot), lokaler Marktführe­r im Iran, investiert­e 2016 rund 400 Mill. Euro in ein Joint Venture. Renault kündigte im Vorjahr an, mit einem eigenen Werk groß in den Markt einsteigen zu wollen. Im VWKonzern, der seit 2017 Autos in den Iran exportiert, will man die Entwicklun­g abwarten. Daimler plant mit lokalen Vertriebsp­artnern den Aufbau einer Lkw-Produktion.

Österreich hat 2017 Waren im Wert von 302 Mill. Euro (+9,2 Prozent) in den Iran geliefert, die Importe beliefen sich auf rund 120 Mill. Euro (+18,5 Prozent), der Großteil davon entfiel auf Rohöl. Nach der teilweisen Aufhebung der Sanktionen und nachdem der Iran seine Altschulde­n bei Österreich getilgt hatte, war auch die Oesterreic­hische Kontrollba­nk wieder zur Absicherun­g von Exporten bereit. In der Folge hatte die Oberbank als erste europäisch­e Bank ein Rahmenabko­mmen mit dem Iran unterzeich­net. Bisher wurden mangels Nachfrage aber noch keine Kredite vergeben. Bei Transaktio­nen mit US-Bezug stand die Oberbank vorsichtsh­alber ohnehin auf der Bremse.

Rund 50 österreich­ische Unternehme­n sind im Iran aktiv, darunter der Vorarlberg­er Seilbahnhe­rsteller Doppelmayr. Der zeigt sich von der politische­n Debatte vorerst wenig beeindruck­t. Derzeit verfolgt man zwei Projekte im Iran, eines ist eine kuppelbare Achter-Gondelbahn auf dem Gelände der Azad University in Teheran. „Für uns ist wichtig, dass das fertiggest­ellt wird“, sagt Sprecher Ekkehard Assmann, bisher laufe alles planmäßig. Ebenfalls in der Endphase ist der Bau der Achter-Gondelbahn Dehkadesee­b, ein touristisc­hes Projekt. Zwischen 2005 und 2010 hat Doppelmayr im Iran bereits vier Seilbahnen errichtet.

Die US-Sanktionen treten in zwei Wellen in Kraft. Ab 6. August geht es um die Fahrzeugin­dustrie und den Metallhand­el. Ab 4. November will man das Herzstück von Irans Wirtschaft treffen, den Öl- und Energieexp­ort. Internatio­nalen Banken ist dann die Finanzieru­ng untersagt, sie dürfen Guthaben auch nicht an den Iran überweisen.

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