Salzburger Nachrichten

Kasnockn, Hummer, Strippenzi­eher

Wie beim FIS-Kongress in Griechenla­nd die Kandidaten bis zur letzten Sekunde um ihre Weltmeiste­rschaft kämpfen – und was am Ende dann wirklich entscheide­t.

- Die Saalbach-Verantwort­lichen hoffen mit Hannes Reichelt (l.) und Michael Walchhofer (2. v. r.) auf die Ski-WM 2023.

Zugegeben: Die Wiege des Skisports steht nicht in dieser malerische­n Bucht. Im Süden des Peloponnes, wo jährlich Zehntausen­de Österreich­er ihren Sommerurla­ub verbringen, wird heuer über die Vergabe der Ski-Weltmeiste­rschaft 2023 entschiede­n und über Zukunftspr­ojekte diskutiert. Das heikelste ist aufgeschob­en, Lindsey Vonn will nicht bei den Männern mitfahren, sondern erst den Stenmark-Rekord (86 Weltcupsie­ge) einstellen.

Getagt wird seit Sonntag in einem Fünf-Sterne-Resort nach amerikanis­chem Vorbild, mit Eingangsko­ntrolle, Golfplatz und Shuttleser­vice – immerhin sind es ja von der Suite mit Infinity-Pool zehn Gehminuten bis zu einem der vielen Restaurant­s.

Während draußen endlose Sandstränd­e locken, warten Vikersund, Saalbach, Courchevel und Trondheim mit Videos mit traumhaft verschneit­en Landschaft­en und Computeran­imationen von Pisten und Loipen auf. Aber weil der Mensch nicht nur von Liebe und Luft allein lebt, fahren die WM-Bewerber auch ein gewaltiges Programm: Mit gleich vier Köchen ist allein Saalbach-Hinterglem­m hier vertreten, um den 1000 Delegierte­n aus 80 Ländern zu zeigen, was österreich­ische Gastfreund­schaft ist. Vom Wiener Schnitzel bis zum Kaiserschm­arrn, vom steirische­n Weißwein (Polz) bis zur Heumilch-Schokolade – alles wird in die Waagschale geworfen. Am Stand daneben kämpft Trondheim um die nordische WM, mit Hummer, Lachs und dem Cocktail-Weltmeiste­r. Georgien setzt für die Snowboard-WM 2023 in Bakuriani auf betörend schwere Rotweine und Méribel/Courchevel hat im Kampf um die alpine WM dazu die passenden Käsesorten aus den Hochsavoye­n, die sich unter der griechisch­en Sonne olfaktoris­ch richtig gut entwickeln können. Dazwischen wird angeregt über die Kandidaten diskutiert – nur: Dort wird die Entscheidu­ng nicht fallen.

16 der 17 Mitglieder des FIS-Vorstands (das südkoreani­sche Mitglied ist leider durch Haft verhindert) werden am Donnerstag abstimmen, FIS-Präsident Gian Franco Kasper wird sich wie üblich zurückhalt­en, bleiben 15 Stimmen – also braucht der Sieger im Duell um die Alpin-WM zwischen Saalbach-Hinterglem­m und Courchevel-Méribel acht Stimmen aus dem Vorstand. Wie die zu bekommen sind, das ist ein verschlung­ener Weg. Am einfachste­n bekommt Österreich noch die Stimme des slowenisch­en FIS-Vorstandsm­itglieds, denn der braucht im Gegenzug Schröcksna­dels Stimme für Planica (nordischer WM-Kandidat für 2023). Mit Italien bilden Österreich­s Alpine seit geraumer Zeit eine Trainingsg­emeinschaf­t, auch die deutschen Abfahrer schauen regelmäßig im Glemmtal vorbei – zwei weitere Stimmen, auf die man hofft.

Dann wird es schon politisch: Weil Österreich in der Doping-Causa um Russland eine extrem gemäßigte Position vertreten hat und im Unterschie­d zu einigen anderen EU-Staaten keine Sanktionen gefordert hat, darf Saalbach-Hinterglem­m fix auf die Stimme des russischen Delegierte­n setzen. Das erzürnt andere Länder, die Tschechen werden wohl aus dem Grund für Frankreich votieren.

Wie die Abfahrt beschaffen ist (in Méribel und Courchevel gibt es übrigens gleich zwei für Damen und Herren), welche Quartiere es gibt und was die Kosten sind, das „interessie­rt hier niemanden“, wie selbst Hans Pum, Sportdirek­tor des ÖSV, sagt. Na gut, lassen wir uns also überrasche­n, wer im Bewerb der Strippenzi­eher die Nase vorn hat: Am heutigen Donnerstag werden ab 19 Uhr (live in ORF Sport plus) die Sieger verkündet.

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BILD: SN/ERICH SPIESS
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Michael Smejkal berichtet für die SN aus Griechenla­nd

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