Auf das Depot kommt es an
Weltweit lagern in Museen die Schätze des kulturellen Erbes. Doch damit ist es nicht getan. Die Sammlungen müssen gepflegt werden. Die Experten der Universität für angewandte Kunst Wien sind dafür weithin gefragt.
WIEN, SALZBURG. Kunst- und Wunderkammern gibt es in Europa seit der Renaissance. Fürsten und reiche Bürger sammelten, was Handwerker und Künstler mit Fantasie und kundigen Händen geschaffen hatten. Heute stehen Besucher von Museen fasziniert vor solchen Exponaten, die zum jeweiligen kulturellen Erbe eines Landes gezählt werden.
Museen haben seit dem 19. Jahrhundert die Aufgabe, diese kostbaren Sammlungen zu erhalten. Dafür braucht es wieder Menschen mit Einfallsreichtum, mit sensiblen Händen und mit Fachwissen. Zu ihnen gehören die Restauratoren, denn sie müssen Objekte vor dem Verfall schützen und für kommende Generationen bewahren. Sammlungspflege und präventive Konservierung sind die Begriffe dafür.
In Österreich sind dafür die Experten des Instituts für Konservierung und Restaurierung der Universität für angewandte Kunst Wien weithin gefragt. Derzeit arbeiten sie unter anderem mit Kollegen aus Indien zusammen, wie Gabriela Krist, Leiterin des Instituts, berichtet: „Die Fortbildung von Restauratoren und der Informationsaustausch über wissenschaftliche Methoden ist in Indien ein großes Anliegen, das wir mit unserer Erfahrung gern unterstützen. Die Zusammenarbeit mit Indien ist ein sehr schönes Beispiel für gelungenen Wissenstransfer in beide Richtungen. Wir haben in der Zusammenarbeit auch vieles gelernt.“
Erste Kontakte entstanden 2004 mit der Restaurierung buddhistischer Tempelanlagen im Himalayadorf Nako. Seit 2017 ist das NapierMuseum in Trivandrum, Bundesstaat Kerala, neuer Brennpunkt der Kooperation.
Das 1857 gegründete und nach dem schottischen Diplomaten und Gouverneur Lord Francis Napier benannte Museum bietet eine umfangreiche Sammlung naturhistorischer und künstlerischer Objekte, darunter eine Kollektion seltener archäologischer Artefakte, Elfenbeinund Holzschnitzereien, Kostüme, antike Ornamente, Steinund Bronzeskulpturen der indischen Gottheiten Shiva und Vishnu, eine Münzsammlung und Schattentheater-Figuren. „Schwerpunkt unserer Arbeit war es zunächst, gemeinsam mit den indischen Museumskollegen das Depotkonzept zu verbessern. Das bedeutet ganz unromantisch, dieses Depot auszuräumen, die Objekte von Staub, eventuell Schimmel und Schädlingen zu befreien, zu inventarisieren und in ein Zwischenlager zu bringen, bis das alte Depot modernen Anforderungen gerecht wird“, sagt Gabriela Krist.
Vieles ist in diesem Stadium schon zu bedenken, denn die Objekte müssen gut verpackt werden und transportierfähig sein. „Wir haben gelernt, dass wir mit unseren bewährten Methoden dort an Grenzen kommen, weil das Klima ganz anders ist. Wir verwenden säurefreies Seidenpapier und ebensolche Kartonagen. Doch dort bereitet das Probleme, denn diese Materialien ziehen Feuchtigkeit an. Wir müssen also mit synthetischen Stoffen arbeiten und das Depot so ausrichten, dass eine gute Luftzufuhr den Feuchtigkeitsgrad regelt. Zu bedenken ist zudem, dass Klimaanlagen keine gute Lösung sind, denn dort kann stundenweise der Strom ausfallen. Wir haben uns daher an traditioneller alter Bauweise etwa mit einander gegenüberliegenden Fenstern orientiert“, stellt Gabriela Krist fest.
In einem zweiten Schritt soll die den Besuchern zugängliche Sammlung neu präsentiert werden. Zur Kooperation gehört nicht nur der Informationsaustausch, sondern auch die Schulung von Studenten und Mitarbeitern. Ziel ist es auch neben dem Austausch über aktuelle Entwicklungen in Konservierungsmethoden die Zusammenarbeit industrieller Hersteller von Restaurierungsausrüstungen, Werkzeugen und Laborgeräten zu stärken. Sammlungspflege ist nicht nur in Indien ein wichtiges Thema. Das Land Niederösterreich investiert derzeit viel Geld, um Wertvolles zu bewahren. Die Restauratoren der „Angewandten“waren auch hier gefragt: Das Krahuletz-Museum in Eggenburg beherbergt mehr als 900.000 archäologische, geologische, volkskundliche und stadtgeschichtliche Kulturgüter. Das Museum im Ledererhaus in Purgstall an der Erlauf verfügt über mehr als 2000 Kostüme, Bauernmöbel, Keramiken, Schützenscheiben und Objekte des Handwerks. Das Stadtmuseum Korneuburg illustriert die Geschichte der Stadt, des Schiffbaus und der Werft. In der Zisterzienserabtei Zwettl wurden in der Depotoffensive die Gemälde- und Uhrensammlung und das Lapidarium bearbeitet. Im Stift Neukloster in Wiener Neustadt standen die außergewöhnliche Kunstkammer des Stifts mit rund 4700 Einzelstücken und die Paramente im Vordergrund.
Von der Reinigung über die Restaurierung bis hin zur Beschriftung der Objekte, die ihnen anvertraut werden, setzen die Restauratoren der Universität für angewandte Kunst meist auf Methoden, die sich lange gut bewährt haben, wie Gabriela Krist erklärt: „Im Steinbereich gibt es derzeit Versuche mit Nanotechnologien. Neue Restaurierungsverfahren und Materialien sind Schwerpunkt der konservierungswissenschaftlichen Forschung, sie müssen aber laufend dokumentiert und evaluiert werden, die begleitenden materialwissenschaftlichen Analysen sind dafür unabdinglich.“
„Wir haben aus der Zusammenarbeit mit Indien vieles gelernt.“Gabriela Krist, Restauratorin