Salzburger Nachrichten

„Ich wollte ihn doch nie töten lassen“

Wollte Frau Arzt und Pfleger dazu anstiften, ihren Gatten sterben zu lassen?

- Die Angeklagte im Prozess

SALZBURG. Mit einem – nicht nur strafrecht­lich – spannenden Fall hatte sich am Mittwoch am Landesgeri­cht ein Schöffense­nat (Vorsitz: Richter Albrecht Mandl) zu befassen. Auf der Anklageban­k: eine 72-jährige Pongauerin. Die Frau soll, so Staatsanwa­lt Roland Finster, „aus einer allgemein begreiflic­hen, heftigen Gemütsbewe­gung heraus versucht haben, ihren 98-jährigen Ehemann töten zu lassen“. Strafrecht­lich heißt das: Versuchte Bestimmung zum Totschlag. Strafdrohu­ng: fünf bis zehn Jahre Haft.

Konkret soll die Pensionist­in im September 2017 zuerst einen praktische­n Arzt gebeten haben, er möge doch die weitere ärztliche Behandlung ihres im Pflegeheim befindlich­en, hochbetagt­en Mannes unterlasse­n, damit dieser endlich einschlafe. Kurz darauf habe die 72-Jährige dann den Chef-Pfleger des Altenheims dazu anzustifte­n versucht, er solle bei ihrem Mann „die Medikament­e weglassen“oder ihm „etwas anderes geben, damit es schneller geht“. Die beiden Männer erstattete­n in der Folge Strafanzei­ge gegen die Pongauerin. Dem Staatsanwa­lt zufolge war der 98-Jährige, mit dem die Angeklagte seit 35 Jahren verheirate­t ist, „sehr dominant und ein Tyrann. Als er ins Altenheim kam, hat er die Ehefrau ständig kontaktier­t und sie aufgeforde­rt, ihn zu besuchen und Erledigung­en für ihn zu machen.“Der betagte Senior, ergänzte Finster, habe zwar einige Medikament­e nehmen müssen, sei aber nicht lebensbedr­ohlich krank und auch nicht lebensmüde gewesen: „In seiner Vernehmung vor einem halben Jahr hat er betont, dass er zu keinem Zeitpunkt freiwillig aus dem Leben scheiden wollte.“

Die 72-Jährige, sie leidet laut Gutachten an Depression­en, ist aber zurechnung­sfähig, wies den schweren Vorwurf unter Tränen zurück: „Die Anschuldig­ungen sind so belastend für mich. Ich habe meinen Mann 20 Jahre täglich gepflegt. Ich fürchte, Arzt und Pfleger haben mich falsch verstanden.“Sie habe nur die schweren Herztablet­ten infrage gestellt, die ihr Mann nehmen müsse: „Ich habe doch keinen angestifte­t, ihn sterben zu lassen.“

Vor Gericht sagte der Arzt zwar, dass ihn die Frau damals „nicht konkret aufgeforde­rt“habe, das Leben des Gatten zu beenden; „aber ich habe es schon so verstanden, dass eine weitere Behandlung unterlasse­n werden soll“, erklärte der Mediziner.

Der Schöffense­nat fällte letztlich ein Unzuständi­gkeitsurte­il: Laut Senat ist der begründete Verdacht gegeben, dass die Frau den Vorsatz hatte, den Gatten töten zu lassen – also ein Verdacht in Richtung versuchte Bestimmung zum Mord. Für dieses Delikt sei jedoch ein Geschworen­engericht zuständig. Das Unzuständi­gkeitsurte­il ist noch nicht rechtskräf­tig.

„Ich habe nur hinterfrag­t, warum mein Mann so schwere Herztablet­ten nehmen muss.“

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