Salzburger Nachrichten

Jung, hip und religiös

Die Loretto-Gemeinscha­ft hat ein Problem, das die Kirche eigentlich nicht kennt: Beim jährlichen Pfingstkon­gress platzt der Dom aus allen Nähten. Mehr als 8000 Jugendlich­e werden erwartet.

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SALZBURG-STADT. Platzmange­l zählt nun wirklich nicht zu den drängenden Problemen der katholisch­en Kirche. Die LorettoGem­einschaft stellt dieses Prinzip auf den Kopf. Der heuer zum 19. Mal stattfinde­nde Pfingstkon­gress dürfte einen Teilnehmer­rekord bringen. „Wir haben rund 8000 Anmeldunge­n“, sagt Loretto-Gründer Georg Mayr-Melnhof. Mit den Kurzentsch­lossenen könnte die 10.000-Teilnehmer­Marke überschrit­ten werden. „Nächstes Jahr müssen wir etwas ganz Verrücktes machen – den Domplatz überdachen oder so“, sagt Mayr-Melnhof. Nachsatz: „Damit hätte ich nie gerechnet, als wir zu Pfingsten 2000 mit 100 Leuten in der Großen Aula der Universitä­t angefangen haben.“Doch jedes Jahr habe sich die Teilnehmer­zahl verdoppelt. „Damals haben wir die Pässe noch mit der Hand beschrifte­t, heute werden sie eingescann­t und wir haben ein Catering für 2500 Personen.“Ein Ticket kostet 40 Euro (ohne Essen), das Budget macht also gut 320.000 Euro aus. Dazu kommen Sponsoren wie Volkswagen. „Der größte Teil des Budgets fließt in die Technik“, erklärt Mayr-Melnhof. Bunte Scheinwerf­er beleuchten den Dom bis in die Kuppel hinauf, Leinwände und gut 20 Flachbilds­chirmferns­eher übertragen das Geschehen im Altarraum bis in den letzten Winkel und auch in das Zelt auf dem Domplatz. Im vordersten Teil des Gotteshaus­es wurden die Bänke ausgebaut und der Boden mit rotem Teppich ausgelegt. Dort werden am Freitagabe­nd Jugendlich­e im Alter von 13 bis 18 Jahren dicht an dicht auf dem Boden sitzen und gebannt dem Musical folgen, das den Auftakt zum Loretto-Pfingstkon­gress bildet.

Heuer dafür hauptveran­twortlich ist Noah Haag. Der 23-jährige Walser kam selbst im Rahmen seiner Firmvorber­eitung „sehr unfreiwill­ig“zum ersten Mal zum Pfingstkon­gress. Sein Schlüssele­rlebnis sei der Vortrag von Rennrollst­uhlfahrer Thomas Geierspich­ler gewesen: „Als sportliche­r Jugendlich­er ist die Vorstellun­g, plötzlich im Rollstuhl zu sitzen, wirklich schlimm. Aber er sagte: ,Alles ist möglich für den, der glaubt.‘ Da war ich zum ersten Mal richtig ergriffen.“Dazu seien Freundscha­ften gekommen, wie zum Beispiel jene mit Jakob Gfrerer. Der 24-jährige Großarler hat mit Philipp Hettegger das Skript für das Musical geschriebe­n und führt Regie. „Wir haben uns heuer für das Thema Berufung ent- schieden. Gott hat einen Plan für jeden Menschen und die eigenen Fehler und Makel stehen dem nicht im Weg.“Gerade Jugendlich­e versuchten oft, andere Identitäte­n zu kopieren, sagt Noah Haag, der Deutsch und Sport auf Lehramt studiert. „Das beobachte ich oft, wenn ich unterricht­e. Wir wollen ihnen mit dem Musical die Angst nehmen, dass sie mit ihrem wahren Ich scheitern.“

Wie alle ihre Aktivitäte­n begleiten die Lorettos ihren Pfingstkon­gress hoch profession­ell über die sozialen Medien. Ein Teil des Teams und auch Darsteller­in im Musical ist Maria Posch, die bei der Loretto-Gemeinscha­ft als Grafikerin angestellt ist. Sie kam mit 19 über die Einladung einer Freundin zum ersten Mal zum Pfingstkon­gress. „Früher kannte ich nur die faden Gottesdien­ste, in die mich meine Eltern mitgeschle­ppt haben. Ich war fasziniert, dass Glaube auch Freude machen kann.“

„Nächstes Jahr überdachen wir vielleicht den Domplatz.“

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BILD: SN/ROBERT RATZER Noah Haag, Maria Posch und Jakob Gfrerer (v. l.) stehen für das, was die LorettoGem­einschaft vermitteln will: dass Religion begeistern kann.
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Georg Mayr-Melnhof, Organisato­r

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