Trump gibt an, aber Kim gibt den Takt vor
Zu den Grundregeln beim Pokern gehört es, den Gegner niemals ins Blatt schauen zu lassen. Wie es scheint, beherrscht der Machthaber in Pjöngjang dieses uramerikanische Spiel deutlich besser als der Präsident im Weißen Haus. Mit freundlichen Gesten und vagen Versprechungen hat Kim Jong Un den mächtigsten Mann der Welt seit Wochen in eine Art Rauschzustand versetzt, dem er nun eine kalte Dusche folgen lässt. Der von Donald Trump zum Jahrhundertereignis hochstilisierte Gipfel in Singapur steht plötzlich auf der Kippe. Die wahren Motive für den abrupten Stimmungswechsel sind von außen schwierig zu ergründen. Klar ist nur, dass Kim den selbst ernannten Meister des DealMachens vorgeführt hat. Nicht nur seine Rhetorik hat Trump, der dem „verrückten kleinen Raketenmann“einst mit der Vernichtung drohte, bis an die Grenze der Anbiederung zurückgefahren.
Mit der Einwilligung in einen Handschlag hat er den autoritären Herrscher zum gleichwertigen Partner aufgewertet.
Gleichzeitig brüstet er sich ohne erkennbare Strategie schon öffentlich mit einem Erfolg des Treffens und kokettiert mit dem Friedensnobelpreis.
Trumps Karten liegen also auf dem Tisch. Nun trumpft Kim auf: Bei einer Absage des Gipfels hat er wenig zu verlieren.
Der US-Präsident aber stünde als eitler Maulheld da.