Die Stunde der Wölfe
Wie die Pariser im Hundertjährigen Krieg litten Eine die erste Hälfte des 15. Jahrhunderts umfassende Chronik, das „Tagebuch eines Bürgers von Paris“, erlaubt uns Einblicke in den täglichen Existenzkampf der Stadtbewohner. Zwar hält auch der anonyme Verfasser kriegerische Ereignisse wie den 1429 unter der Führung Jeanne d’Arcs erfolgten, gescheiterten Angriff auf Paris fest. Mehr Raum widmet er den Gräueltaten und Plünderungen, den steigenden Lebensmittelpreisen und dem Hunger. „Arme Leute aßen kein Brot mehr, nur Kohl und Rüben, und Suppen daraus ohne Brot noch Salz“, schrieb er 1420. „Wenn der Hundetöter Hunde getötet hatte, gingen ihm die armen Leute aufs Feld nach, um das Fleisch oder die Eingeweide zum Essen zu haben.“
Der Krieg lockt stets Wölfe an. Bald „waren die Wölfe so hungrig, dass sie mit den Pfoten die Leichen derer ausgruben, die man in den Dörfern und auf den Feldern begrub“, und sie kamen bis in die Städte. 1438 hätten Wölfe in Paris Hunde und „auch des Nachts ein Kind“gefressen. Im Jahr darauf waren „die Wölfe so wütig, das Fleisch von Mann, Frau und Kind zu fressen, dass sie in der letzten Septemberwoche vierzehn Personen umbrachten und fraßen, große wie kleine, […] in den Weinbergen wie in den Gemüseäckern; und wenn sie auf eine Viehherde trafen, griffen sie den Hirten an und ließen die Tiere sein.“Die Pariser jagten einen gefürchteten Wolf, den sie „Stutzschwanz“nannten. Groß war das Aufsehen, als er gefangen in einem Schubkarren durch die Stadt geführt wurde; die Wolfsfänger kassierten dafür zehn Francs.