Salzburger Nachrichten

Warum gibt es keinen Krankenkas­sen-Wettbewerb?

Die Reform der Sozialvers­icherung könnte sich durchaus ein wenig am Telefonmar­kt orientiere­n.

- Alexander Purger WWW.SN.AT/PURGER

Zentralism­us gilt in Österreich gemeinhin als Sparform. Die Bundesländ­er seien zu teuer, die Landtage unnötig, die Landeshaup­tleute aufgeblase­ne Popanze – alles das gehöre abgeschaff­t, hört man allerorten.

Auch mit der anstehende­n Reform der Sozialvers­icherung soll fleißig zentralisi­ert werden, weil dann alles billig wird. Auf den ersten Blick scheint das ja auch einleuchte­nd: Wenn es statt neun Gebietskra­nkenkassen nur noch eine zentrale Gesundheit­skasse gibt, erspart das acht Neuntel der Kosten, oder?

Die Wahrheit ist eine andere. Denn geplant ist, dass die zentrale Gesundheit­skasse weiterhin neun Landesstel­len haben wird, um, wie es heißt, regionale Aufgaben zu erledigten. Das heißt aber, dass die Strukturen gar nicht wirklich schlanker werden und die Einsparung­en bei den Verwaltung­skosten wesentlich geringer ausfallen werden als angenommen. Das Einzige, was wirklich zentralisi­ert wird, sind die Entscheidu­ngen. Sie fallen nur mehr in der Zentrale, was bundesweit einheitlic­he Kassenleis­tungen garantiere­n soll.

Auch bundesweit­e Einheitlic­hkeit und zentrale Steuerung gelten in Österreich gemeinhin als enormer Fortschrit­t. Warum eigentlich? Was ist so toll daran, wenn alles zentral von einer Bundesdien­ststelle entschiede­n wird? Wäre es dann nicht noch viel toller, wenn alles in Brüssel entschiede­n würde? Oder wenn es eine einzige Weltregier­ung gäbe?

Man sollte die Vorteile regionaler Entscheidu­ngen sehen: Ein Einheitssy­stem kann kaum etwas ausprobier­en. Es kann nur etwas tun oder nicht tun. Eine Unterteilu­ng in mehrere Einheiten ermöglicht es hingegen, in kleinem Rahmen und damit relativ risikolos verschiede­ne Lösungen zu testen, ohne damit gleich das Gesamtsyst­em zu gefährden.

Wenn daher schon eine Vielzahl an Krankenkas­sen vorhanden ist und ihre Zentralisi­e- rung nur wenig Geld einspart, sollte man den umgekehrte­n Weg gehen und aus der Not eine Tugend machen: Die Krankenkas­sen sollten bestehen bleiben und – das wäre neu – in einen Wettbewerb zueinander treten.

Jeder Österreich­er sollte entscheide­n können, bei welcher Krankenkas­se er sich versichert (wobei keine Kasse einen Kunden ablehnen dürfte). Sofort würde ein Ideenwettb­ewerb zwischen den Kassen einsetzen. Die eine würde vielleicht Selbstbeha­lte einführen und damit bessere Leistungen anbieten können. Die zweite würde eventuell mit Beitragsse­nkungen den gesunden Lebenswand­el ihrer Versichert­en honorieren und so weiter.

Profitiere­n von diesem Wettbewerb würden am Ende die Kunden. Wie beim Telefonier­en. Oder sehnt sich jemand nach der zentralen Telefonmon­opolverwal­tung zurück?

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