1868, ein guter Jahrgang für Hochromantik
Maxim Vengerov und die Camerata bei den Pfingstfestspielen.
Dass sich Gioachino Rossinis Todestag heuer zum 150. Mal jährt, schlug sich nicht nur auf die Wahl der Pfingstfestspiel-Oper nieder: Durch die Konzerte zog sich das Jahr 1868, das weit weniger revolutionär als das Sturmjahr 100 Jahre später verlief, wie ein roter Faden. Immerhin wurde in den USA der Achtstundentag eingeführt – und eine ganze Reihe von romantischen Meisterwerken uraufgeführt.
Joseph Joachim etwa hob 1868 die Letztfassung von Max Bruchs beliebtem Violinkonzert Nr. 1 aus der Taufe. Maxim Vengerov interpretierte dieses Werk am Pfingstmontag im Großen Saal der Stiftung Mozarteum ganz im Sinne hochromantischer Vorbilder, mit süffigem, leuchtendem Ton und hoher Kantabilität. Als musikalischer Leiter – so seine offizielle Funktion – trat er kaum in Erscheinung. Die Camerata Salzburg, ohnehin ein versiertes Luxus-Begleitorchester, bewies Haltung auf unsicherem Terrain. Flexibel folgten die Musiker unter der Führung von Konzertmeister Gregory Ahss dem Solisten und ballten sich in den Tutti-Passagen zu massiver Klangwucht. Zwei Bravourstücke von Camille SaintSaëns, Introduction et Rondo capriccioso und die Havanaise, boten Vengerov eine Spielwiese für wirkungsvolle Virtuosität – im Gegensatz zur Zugabe, Bachs Sarabande aus der Partita Nr. 2.
Dass sich die Hochromantik auch durchhörbar und feingliedrig musizieren lässt, bewiesen die fulminanten Camerata-Streicher: Tschaikowskis C-Dur-Serenade schillerte in allen Facetten, von den fülligen Gefühlsausbrüchen des Kopfsatzes bis zur polyrhythmischen Finesse der Élégie.