Lady Macbeth wird zum Burg-Zombie
Das Burgtheater als Fantasiewelt: Shakespeares Tragödie „Macbeth“, stark verknappt.
Macht- und Blutrausch, verpackt in drastische Bilder. So präsentiert Regisseur Antú Romero Nunes seine Version von „Macbeth“. Er reduziert Shakespeares Figurenpersonal auf drei Personen und verknappt die Tragödie auf wenige Szenen. Im Fokus liegen die Momente, in welchen Lady Macbeth ihren Mann zum Mord anstachelt, sowie die daraus resultierenden Gewissensqualen. Sie rauben ihr den Schlaf. „Zu Bett“sind die letzten Worte der niedersinkenden Lady Macbeth, die bereits dem Wahnsinn verfallen ist.
Davor beschmiert sie die blütenweißen Hemden des Mädchenchors „The Vivid Voices“mit Blut, während dieser Woodkids „Central Park“intoniert. Die Gräueltaten haben den unschuldigen Schlaf der Gerechten gemordet, vom Blut der Ahnen befleckt. Im Hintergrund spielt die „Post und Telekom Musik Wien“unter Christian Schranz groß auf, melodramatisch geht der 90minütige Abend im Burgtheater zu Ende.
Archaisches Pathos beherrscht die Inszenierung, deren Konzept bis zum Ende unklar bleibt. Nunes verbindet bekannte Bilder aus der Populärkultur zu einem wilden Assoziationsmix. Er arbeitet mit Versatzstücken aus Zombie-Filmen, Videoclips à la Marilyn Manson und der „Rocky Horror Picture Show“. Macbeth erscheint als Riff Raff, der Hüter der Burg. Nunes lässt den Namen des Staatstheaters mit der Festung in Shakespeares Stück zusammenlaufen und spiegelt außerdem auf der Bühne den Zuschauerraum des Burgtheaters: „Die Burg ist schön gelegen“, sagt Merlin Sandmeyer vom Balkon aus und erntet Lachen. Im hellen Saallicht wird die Ähnlichkeit zwischen Zuschauerraum und dem auf der Bühne nachgebauten Ort befremdend klar. Die Figuren auf dem Balkon blicken auf ihr mörderisches Treiben, als wäre es eine seltsame Fantasie.
Der Regisseur konzentriert sich auf die Paarszene, die er zwei Mal spielen lässt. Einmal ist Lady Macbeth als lüsterne Furie zu sehen, die die blutigen Geschäfte initiiert. In der Wiederholung wird dann Macbeth zur treibenden Kraft. Die Initialzündung lässt sich nicht rückgängig machen, denn „was bös begann, wird stark durch böses Tun“.
Was machen die Bilder der Angst mit uns? Nunes’ unentschiedene Inszenierung kreist vermutlich um diese Frage. Aber seine verknappte Lösung erstarrt in einer oberflächlichen Bilderwelt. „Ein Märchen ists, erzählt von einem Irren“, schließt Macbeth. Mit wenigen Archetypen kommt dieses Märchen aus, das als solches entlarvt wird. Merlin Sandmeyer reißt am Ende als schwangere Lady MacDuff die Tapeten herunter und erklärt die Burg zur Fantasiewelt. Macbeth Ole Lagerpusch nimmt die Perücke vom Kopf und setzt sich an den Bühnenrand. Christiane von Poelnitz lässt Hexe und Lady Macbeth verschmelzen, die Drehbühne bewegt brennende Kerzen und sorgt für kitschige Atmosphäre. Hier wird also buchstäblich dick aufgetragen. Theater: