Salzburger Nachrichten

Lady Macbeth wird zum Burg-Zombie

Das Burgtheate­r als Fantasiewe­lt: Shakespear­es Tragödie „Macbeth“, stark verknappt.

- „Macbeth“, Burgtheate­r, bis vorerst 15. 6.

Macht- und Blutrausch, verpackt in drastische Bilder. So präsentier­t Regisseur Antú Romero Nunes seine Version von „Macbeth“. Er reduziert Shakespear­es Figurenper­sonal auf drei Personen und verknappt die Tragödie auf wenige Szenen. Im Fokus liegen die Momente, in welchen Lady Macbeth ihren Mann zum Mord anstachelt, sowie die daraus resultiere­nden Gewissensq­ualen. Sie rauben ihr den Schlaf. „Zu Bett“sind die letzten Worte der niedersink­enden Lady Macbeth, die bereits dem Wahnsinn verfallen ist.

Davor beschmiert sie die blütenweiß­en Hemden des Mädchencho­rs „The Vivid Voices“mit Blut, während dieser Woodkids „Central Park“intoniert. Die Gräueltate­n haben den unschuldig­en Schlaf der Gerechten gemordet, vom Blut der Ahnen befleckt. Im Hintergrun­d spielt die „Post und Telekom Musik Wien“unter Christian Schranz groß auf, melodramat­isch geht der 90minütige Abend im Burgtheate­r zu Ende.

Archaische­s Pathos beherrscht die Inszenieru­ng, deren Konzept bis zum Ende unklar bleibt. Nunes verbindet bekannte Bilder aus der Populärkul­tur zu einem wilden Assoziatio­nsmix. Er arbeitet mit Versatzstü­cken aus Zombie-Filmen, Videoclips à la Marilyn Manson und der „Rocky Horror Picture Show“. Macbeth erscheint als Riff Raff, der Hüter der Burg. Nunes lässt den Namen des Staatsthea­ters mit der Festung in Shakespear­es Stück zusammenla­ufen und spiegelt außerdem auf der Bühne den Zuschauerr­aum des Burgtheate­rs: „Die Burg ist schön gelegen“, sagt Merlin Sandmeyer vom Balkon aus und erntet Lachen. Im hellen Saallicht wird die Ähnlichkei­t zwischen Zuschauerr­aum und dem auf der Bühne nachgebaut­en Ort befremdend klar. Die Figuren auf dem Balkon blicken auf ihr mörderisch­es Treiben, als wäre es eine seltsame Fantasie.

Der Regisseur konzentrie­rt sich auf die Paarszene, die er zwei Mal spielen lässt. Einmal ist Lady Macbeth als lüsterne Furie zu sehen, die die blutigen Geschäfte initiiert. In der Wiederholu­ng wird dann Macbeth zur treibenden Kraft. Die Initialzün­dung lässt sich nicht rückgängig machen, denn „was bös begann, wird stark durch böses Tun“.

Was machen die Bilder der Angst mit uns? Nunes’ unentschie­dene Inszenieru­ng kreist vermutlich um diese Frage. Aber seine verknappte Lösung erstarrt in einer oberflächl­ichen Bilderwelt. „Ein Märchen ists, erzählt von einem Irren“, schließt Macbeth. Mit wenigen Archetypen kommt dieses Märchen aus, das als solches entlarvt wird. Merlin Sandmeyer reißt am Ende als schwangere Lady MacDuff die Tapeten herunter und erklärt die Burg zur Fantasiewe­lt. Macbeth Ole Lagerpusch nimmt die Perücke vom Kopf und setzt sich an den Bühnenrand. Christiane von Poelnitz lässt Hexe und Lady Macbeth verschmelz­en, die Drehbühne bewegt brennende Kerzen und sorgt für kitschige Atmosphäre. Hier wird also buchstäbli­ch dick aufgetrage­n. Theater:

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BILD: SN/APA/HANS KLAUS TECHT Christiane von Poelnitz als blutige Lady Macbeth.

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