Salzburger Nachrichten

Österreich zeigt Muskeln

Mehr als eine Million Menschen trainieren in Österreich bereits in einem Fitnessstu­dio. Vor allem Billiganbi­eter und Spezialist­en befeuern die Branche.

- BIRGITTA SCHÖRGHOFE­R

SALZBURG. Bei FitInn lässt man die Muskeln spielen. Mit österreich­weit 34 Fitnessstu­dios und 150.000 Mitglieder­n zählt man zu einem der größten Anbieter in der Branche. Jeder Siebte, der in Österreich in einem Fitnessstu­dio trainiere, sei FitInn-Kunde, rechnet Unternehme­nssprecher Michael Stangl vor. Und man wolle weiter expandiere­n, an Standorten mit möglichst großem Einzugsgeb­iet, das heißt in Städten ab 100.000 Einwohnern. Denn die Unternehme­nsphilosop­hie lautet: möglichst viele Mitglieder sammeln, dafür billig in der Nutzung und reduziert im Angebot sein. „Kardio- und Krafttrain­ing – mehr braucht es ja nicht“, sagt Stangl. Deshalb liege der Mitgliedsb­eitrag seit Jahren unveränder­t bei 19,90 Euro im Monat.

Billiganbi­eter wie FitInn zählen zu den Wachstumst­reibern in der Fitnessbra­nche. Damit steigt auch der Preisdruck. In den vergangene­n Jahren seien die im Durchschni­tt zu erzielende­n Umsätze der Betriebe um 15 Prozent gesunken, sagt der Branchensp­recher in der Wirtschaft­skammer, Gerhard Span von „Manhattan“in Wien. Bei gleichzeit­ig um sechs Prozent mehr Betrieben. „Wir haben eine gewaltige Steigerung“, betont Span. Dem aktuellen „European Health & Fitness Market Report“zufolge ist im Vorjahr die Branche in Österreich um 70 Betriebe gewachsen. Und allein seit Jahresbegi­nn sind weitere 24 Studios dazugekomm­en.

Mit Stichtag 31. März 2018 waren in Österreich 1201 aktive Fitnessbet­riebe mit rund 8000 Beschäftig­ten gemeldet. Der Deloitte-Studie zufolge trainieren bereits rund 1.032.000 Österreich­erinnen und Österreich­er in einem Fitnessclu­b. Damit liegt man bei fast zwölf Prozent der Gesamtbevö­lkerung. Positiv ausgewirkt habe sich zuletzt auch, dass Firmen seit zwei Jahren Investitio­nen in gesundheit­sfördernde Prävention­smaßnahmen für Mitarbeite­r, etwa Fitnesskur­se, steuerlich absetzen können, erklärt Span. Und als Branche kämpfe man derzeit dafür, dass künftig jede Person, die einen Mitgliedsb­eitrag in einem gewerblich­en Fitnessbet­rieb einzahle, diesen im Jahresausg­leich geltend machen könne.

Gewachsen ist zuletzt aber nicht nur der Billigmark­t. Deutliche Zuwächse verzeichne­ten auch Kleinund Boutique-Studios mit Spezialang­eboten wie Kieser-Training, reine Pilates-Studios oder elektrisch­e Muskelstim­ulation (EMS-Technologi­e). Auf österreich­weit 100 Studios kommt mittlerwei­le die exklusiv auf Frauen zugeschnit­tene Fitnessket­te Mrs. Sporty. In Summe liege der Marktantei­l der Spezialstu­dios bei bereits 35 Prozent, sagt Span. Grundsätzl­ich sei der Markt in Österreich aber immer noch geprägt von einer gesunden Mischung aus All-in-Fitnessclu­bs mit hoher Multifunkt­ionalität und Rundum-Service, günstigen Diskont-Studios und Spezialist­en.

Europaweit betrachtet – inklusive Norwegen, Russland, der Schweiz, Türkei und Ukraine – rackern sich mittlerwei­le rund 60 Millionen Menschen in ihrer Freizeit für einen schöneren und gesünderen Körper ab. Das entspricht laut Deloitte einem Vorjahresp­lus von vier Prozent im Vergleich zu 2016. Die Anzahl der Fitnessclu­bs ist um 3,2 Prozent gestiegen. Die durchschni­ttlichen Mitgliedsb­eiträge sind dagegen leicht gesunken, in Österreich von 45,70 Euro auf 45,30 Euro pro Monat.

In Summe schätzt Deloitte das Volumen des europäisch­en Fitnessmar­ktes mit seinen fast 54.000 Studios auf rund 26,6 Mrd. Euro. Damit hat man nicht nur die USA überholt (24,9 Mrd. Euro bzw. 27,6 Mrd. Dollar), sondern in Europa auch den Fußballspo­rt hinter sich gelassen, der auf ein Marktvolum­en von 24,6 Mrd. Euro kommt.

Und wer sind nun die Kunden, die den Boom energiegel­aden mitbefeuer­n? Das Alter im klassische­n Diskont-Bereich liege bei 25 bis 35 Jahren, in den Premiumanl­agen bei „45 aufwärts“, erklärt der Salzburger Branchensp­recher Christian Hörl. Vor 30 Jahren hat er seinen ersten VitaClub eröffnet, seit sieben Jahren betreibt er mit MyGym auch eine Diskont-Schiene, 180 Mitarbeite­r beschäftig­t Hörl in seiner Gruppe. Für ihn deckt der Fitnesstre­nd mehrere Bereiche ab: „Optik und Schönheit, Gesundheit­svorsorge und Erhalt der Leistungsf­ähigkeit.“Das animiere vor allem Frauen, aktiv zu werden. In den meisten Clubs habe der Frauenante­il über 50 Prozent erreicht. Germany’s Next Topmodels seien nicht mehr das Rollenbild, betont Hörl, „ein fitter Körper mit Muskeln ist heute mehr sexy als ein ganz schlanker“. Früher seien Frauen in den Studios oft nur in die angebotene­n Kurse gegangen, „heute stemmen sie Gewichte“.

„Haben eine gewaltige Steigerung.“ Gerhard Span, Branchensp­recher

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BILD: SN/FOTOLIA
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