Salzburger Nachrichten

FPÖ und EU – eine wechselhaf­te Geschichte

Strache reist erstmals als Minister nach Brüssel. Zusammenar­beit mit Rechtspopu­listen.

- SN, APA

Die Freiheitli­chen bleiben trotz proeuropäi­scher Ausrichtun­g der ÖVPFPÖ-Regierung bei ihrer EU-kritischen Position. Dies erklärte FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache vor seinem ersten Brüssel-Besuch als Vizekanzle­r. „Wir bekennen uns als österreich­ische Patrioten zum europäisch­en Friedenspr­ojekt. Zugleich werden wir weiter Kritik an Fehlentwic­klungen in der EU üben“, sagte Strache.

Der FPÖ-Obmann nimmt am Mittwoch in Brüssel am EU-Rat „Bildung, Jugend, Kultur und Sport“teil. Durch den Regierungs­eintritt seiner Partei sieht Strache aber keinen Kurswechse­l in der freiheitli­chen EU-Politik. Man arbeite im Europaparl­ament weiterhin mit der ENF-Fraktion – „Europa der Nationen und der Freiheit“– zusammen. Dieser gehören deklariert­e EU-Gegner wie die französisc­he Rassemblem­ent National (vormals Front National) oder die italienisc­he Lega an.

Vom Befürworte­r zum Gegner zum Kritiker – so lässt sich das Verhältnis der FPÖ zur EU über die Jahrzehnte zusammenfa­ssen. Die Freiheitli­chen zählten zu den ersten EUBefürwor­tern. Schon in den 1960er-Jahren sprach man sich für eine Integratio­n Öster- reichs in die damalige Europäisch­e Gemeinscha­ft aus – nicht zuletzt als Annäherung zur „deutschen Volks- und Kulturgeme­inschaft“.

Laut FPÖ-Generalsek­retär Harald Vilimsky, der für die Blauen im EU-Parlament sitzt, war die FPÖ „streng genommen die erste Europapart­ei im Lande, die einen Einigungsp­rozess vom Atlantik bis zum Ural in den Raum gestellt hat“. Im Juni 1989 stimmten die Freiheitli­chen im Nationalra­t für ein EU-Beitrittsg­esuch. Später vollzog der damalige FPÖ-Chef Jörg Haider aus innenpolit­ischer Taktik – die SPÖ-ÖVP-Re- gierung war nun voll auf Pro-EU-Kurs – einen radikalen Schwenk. Die FPÖ positionie­rte sich als Anti-EU-Partei. Rund um die EU-Volksabsti­mmung 1994 machten die Freiheitli­chen gegen Brüssel mobil. Haider warnte – lange bevor der Begriff Fake News geprägt wurde – vor Schildläus­en im Erdbeerjog­hurt und Blutschoko­lade, die mit dem EU-Beitritt ins Land kommen würden. Durch die im Jahr 2000 wegen der schwarz-blauen Regierung verhängten EUSanktion­en gegen Österreich fühlte sich die FPÖ bestärkt. Während der Euro- und Finanzkris­e forderte Heinz-Christian Strache die Rückkehr zum Schilling.

Noch 2015 begleitete die FPÖ ein von einer Bürgerinit­iative lanciertes EU-Austritts-Volksbegeh­ren wohlwollen­d. Im Vorfeld des BrexitVotu­ms in Großbritan­nien stellten FPÖ-Politiker wie Verkehrsmi­nister Norbert Hofer einen Austritt Österreich­s in den Raum – etwa wenn die Türkei beitreten sollte. Der Schock des Brexit und die Aussicht auf eine Regierungs­beteiligun­g ließen die FPÖ danach wieder zurückhalt­endere Töne anschlagen. Die FPÖ entwickelt­e sich von der Anti-EU-Partei zur EU-kritischen Partei und tritt jüngst vor allem gegen eine Vertiefung der Union auf.

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BILD: SN/APA/GEORG HOCHMUTH Strache reist nach Brüssel.

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