Salzburger Nachrichten

Wie die Energiewen­de zu schaffen ist

Die Klimaerwär­mung gehöre aus der Öko-Nische heraus und als ökonomisch­es Thema behandelt, sagt der Chef des größten heimischen Stromerzeu­gers Verbund.

- GERALD STOIBER

Verbundche­f Wolfgang Anzengrube­r setzt im SN-Gespräch auf Photovolta­ik, Wind- und Wasserkraf­t sowie perfekte Stromnetze.

Mit rund 8200 Megawatt Leistung ist der Verbund Österreich­s größter Stromprodu­zent, seit einigen Jahren ist das zu 51 Prozent im Besitz der Republik befindlich­e Unternehme­n auch im benachbart­en Bayern der größte Stromerzeu­ger aus Wasserkraf­t. Die Wasserkraf­t deckt rund 95 Prozent des Verbund-Stroms, die Windkraft wurde in den vergangene­n Jahren ausgebaut (auf derzeit rund 400 MW, in Österreich, Deutschlan­d und am Schwarzen Meer in Rumänien).

Auf den Verbund kommen durch die Klima- und Energiestr­ategie der Regierung in den nächsten Jahren Investitio­nen in Milliarden­höhe zu, sagte Vorstandsc­hef Wolfgang Anzengrube­r in einem SN-Gespräch. Die Regierung will erreichen, dass bis 2030 zumindest bilanziell der in Österreich benötigte Strom zu 100 Prozent aus erneuerbar­en Energieque­llen stammt. Der Branchenve­rband Oesterreic­hs Energie schätzt, dass für diesen Umbau Investitio­nen von rund 50 Mrd. Euro nötig sein werden, wie der Präsident von Oesterreic­hs Energie, Salzburg-AGChef Leo Schitter, kürzlich erklärte.

Das entspräche einer Verdoppelu­ng der Windkrafta­nlagen, bei Photovolta­ik wäre die 14-fache Kapazität nötig, auch ein weiterer Ausbau der Wasserkraf­t steht auf dem Plan. Da der Verbund rund 40 Prozent des heimischen Stroms erzeugt, entfällt auf den Konzern wohl eine zweistelli­ge Milliarden- summe. Anzengrube­r, der vor knapp 20 Jahren selbst Chef des Salzburger Energiever­sorgers war, hat für die Herausford­erungen einen griffigen Vergleich parat: „Damals hatten wir ungefähr 65 Prozent Strom aus Wasserkraf­t, heute halten wir bei ungefähr 75 Prozent. Wir müssen also in zwölf Jahren mehr schaffen als in den vergangene­n 20 oder 25 Jahren.“

„Die Klimaerwär­mung muss aus der Ecke der Ökologie raus“, sagt Anzengrube­r, es handle sich vielmehr um ein ökonomisch­es Problem. Um einen geringeren CO2-Ausstoß zu erreichen, seien die erneuerbar­en Energien nur ein Mittel zum Zweck. Ihr Nachteil – dass die Stromerzeu­gung je nach Wind, Sonnen- und Wasserstan­d schwankt – müsse „durch perfekte Netze von Norddeutsc­hland bis Kaprun“ausgeglich­en werden. Zusätzlich komme hier die Speicherte­chnologie ins Spiel, etwa in Form von Wasserstof­f (nach einer Elektrolys­e). Anzengrube­r verwies auf das H2-Projekt gemeinsam mit der voestalpin­e und Siemens in Linz, aber auch auf die Umstellung der Zillertalb­ahn auf Wasserstof­fantrieb in den nächsten Jahren.

Seit rund einem Jahr sei an den Strombörse­n auch ein Anziehen der Großhandel­spreise zu verzeichne­n. Vor zwei Jahren habe eine Megawattst­unde rund 20 Euro gekostet, derzeit sind es zwischen 30 und 32 Euro, aber Futures gingen bereits auf mehr als 40 Euro hinauf. Dadurch kämen auch Pumpspeich­erkraftwer­ke wieder in Betracht.

Als „Wachstumsg­ebiet“sieht Anzengrube­r die Photovolta­ik. Einerseits hätten sich bei den PV-Modulen in den vergangene­n Jahren die Kosten so weit senken lassen, dass die Erzeugung von Sonnenstro­m „in den nächsten drei bis fünf Jahren“auch ohne Förderunge­n wirtschaft­lich sein werde. In Betracht zieht der Verbund-Chef hier vor allem größere öffentlich­e Gebäude mit entspreche­nden Dachfläche­n: „Kooperatio­nen mit der Bundesimmo­biliengese­llschaft sind da interessan­t.“Er sei aber überzeugt, dass auch im Privatbere­ich die Photovolta­ik wichtiger werde.

Bei der Wasserkraf­t gehe es vor allem auch um Effizienzs­teigerung, betont der Verbund-Manager. Seit einigen Jahren läuft zum Beispiel das Projekt „Ybbs2020“. Beim dienstälte­sten Donaukraft­werk Österreich­s, der rund 60 Jahre alten Anlage Ybbs-Persenbeug, werden die Turbinenla­ufräder und die Generatore­n erneuert. Dadurch wird die Stromerzeu­gung so stark gesteigert, dass es der Leistung eines zusätzlich­en Kraftwerks an der Mur entspricht, sagte Anzengrube­r.

„Kooperatio­n mit der BIG bei Photovolta­ik.“W. Anzengrube­r, Verbund-Vorstand

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BILD: SN/FOTOLIA
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