Salzburger Nachrichten

Kapitulier­en wollen nicht einmal Irans Regimekrit­iker

Nach der konfrontat­iven Rede von US-Außenminis­ter Pompeo stellen sich die Iraner auf noch härtere Zeiten ein.

- MICHAEL WRASE

„Unser Außenminis­ter erwartet nichts anderes als die Kapitulati­on des Irans“, schrieb der Kolumnist der „New York Times“über die Rede von Mike Pompeo. Der Hardliner im amerikanis­chen State Department wisse sehr genau, dass Teheran über die Erfüllung seines Zwölf-PunktePlan­s nicht einmal nachdenken werde. In Wirklichke­it gehe es dem Weißen Haus auch nicht um ein Ende des iranischen Militäreng­agements in Syrien, im Jemen und im Irak oder die Aufgabe des ballistisc­hen Raketenpro­gramms. Ziel der USA sei der „Regimewech­sel in Teheran“, wie ein europäisch­er Diplomat in Irans Hauptstadt meinte.

Irans Präsident Hassan Rohani erklärte: „Ein Mann, der gestern noch im Geheimdien­st gearbeitet hat, will nun einem souveränen Staat wie dem Iran vorschreib­en, war er tun soll und was nicht.“So jemand könne nicht ernst genommen werden. Die Ära dieser Art von Droh-Rhetorik sei endgültig vorbei.

Die iranische Tageszeitu­ng „Kayhan“schreibt, dass es für die Europäer nun noch schwierige­r werden dürfte, den Atomdeal zu verteidige­n. Auch wenn Rohani von den Europäern Standhafti­gkeit fordere, werde Brüssel am Ende einknicken und ins Boot der Amerikaner steigen. Diese Ansicht des HardlinerO­rgans teilen die meisten Iraner.

Anhänger und Gegner des Regimes wissen, dass die Islamische Republik seit ihrer Gründung vor fast 40 Jahren niemals Freunde, geschweige denn echte Verbündete hatte. Das Land war und ist auf sich allein gestellt. „Bereits ein Jahr nach der Revolution wurden wir von Saddam Hussein überfallen“, erinnert sich Bahram, der in einem Nobelviert­el im nordiranis­chen Täbris ein Restaurant führt. Der achtjährig­e Krieg habe den Iran erst richtig zusammenge­schweißt. Dass am Ende Saddam Hussein gestürzt worden sei, habe man einer „Mischung aus iranischer Standhafti­gkeit und amerikanis­cher Dummheit zu verdanken“, meint der Unternehme­r, für den eine „Kapitulati­on oder Unterwerfu­ng“trotz aller Schwierigk­eiten nicht infrage kommt.

„Die Amerikaner machen einen gravierend­en Fehler, wenn sie annehmen, dass die vielen Regimegegn­er in unserem Land auch den Wechsel wollen“, betont Karim, ein junger Kardiologe. Trotz weitverbre­iteter Unzufriede­nheit gebe es im Iran „sehr viel Bewahrensw­ertes“. Iranischer Stolz und Nationalis­mus dürften nicht unterschät­zt werden. „Und wirkliche Zukunftspe­rspektiven“, fügt der Mediziner hinzu, „bieten die USA nun nicht.“

Die Militärint­erventione­n der USA in der Region hätten „verheerend­e Folgen“gehabt, für die man nicht den Iran verantwort­lich machen könne. Die Islamische Republik reagiere nur, erklären iranische Militärana­lytiker. Hätte man in Syrien nicht intervenie­rt, würde das Land heute von Terrorgrup­pen wie Al Kaida oder dem „Islamische­n Staat“(IS) beherrscht.

Bei einem Sturz des Regimes von Präsident Baschar al-Assad wäre freilich das Regime in Teheran der große Verlierer gewesen. Der Iran hätte dann nicht nur seinen Einfluss in Syrien, sondern – mit einiger Verzögerun­g – wohl auch seinen Einfluss im überwiegen­d schiitisch­en Libanon und dem Irak verloren.

Eine solche Neuordnung des Mittleren Ostens sei für den Iran undenkbar, schreibt Mohammed Ali Saki in der „Teheran Times“. Die USA, Israel und Saudi-Arabien müssten sich im Klaren darüber sein, dass „Ruhe und Sicherheit“in der Region nur möglich seien, wenn alle Staaten davon profitiert­en. „Sollten die Iraner nicht in Frieden leben können“, warnt der Vizechef der rechtskons­ervativen Tageszeitu­ng, „werden auch jene Staaten nicht in Frieden leben, die nun dabei sind, Brennholz für feindselig­en Aktionen zu sammeln.“

„Diese Art von Droh-Rhetorik ist endgültig vorbei.“Hassan Rohani, Irans Präsident

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