Salzburger Nachrichten

Rakete der russischen Streitkräf­te schoss Flug MH17 ab

Das internatio­nale Ermittlert­eam arbeitet sich Schritt um Schritt voran. Moskau dementiert erneut jede Beteiligun­g.

- SN-strick, dpa

Die Rakete, mit der Passagierf­lug MH17 vor knapp vier Jahren über der Ostukraine abgeschoss­en worden war, stammte nach Angaben der Ermittler von der russischen Armee. Das Flugabwehr­system vom Typ Buk gehörte zu Beständen der 53. Luftabwehr­brigade der in Kursk stationier­ten russischen Streitkräf­te. Das teilte das internatio­nale Ermittlert­eam am Donnerstag in den Niederland­en mit.

Die Boeing 777-200 der Malaysia Airlines war am 17. Juli 2014 von Amsterdam unterwegs nach Kuala Lumpur, als sie über der Ostukraine abstürzte. 28o Passagiere und 18 Besatzungs­mitglieder starben. Unter den Toten waren Familien, aber auch viele junge Paare, die in den Urlaub wollten. Der Großteil der Opfer stammte aus den Niederland­en. Auch Großbritan­nien, Indonesien, Malaysia und Australien hatten zahlreiche Tote zu beklagen.

Russlands Präsident Wladimir Putin wies von Anfang an jede Verantwort­ung zurück. Moskau machte wechselwei­se die ukrainisch­e Luftabwehr oder Luftwaffe verantwort­lich. Lange Zeit behauptete Moskau, MH17 sei von einem ukrainisch­en Kampfjet abgeschoss­en worden Die Einsetzung eines UNOSondert­ribunals verhindert­e der Kreml.

Die Beweislast gegen Russland ist allerdings erdrückend. Die Ermittler haben bis ins Detail nachgezeic­hnet, wie im Juni 2014 ein Flugabwehr­system aus dem westrussis­chen Kursk in das ostukraini­sche Bürgerkrie­gsgebiet verbracht wurde. Von dort stieg am 17. Juli eine der Buk-Raketen auf und traf die Boeing. Wer das Geschoss abfeuerte und auf wessen Befehl, ist noch nicht bekannt.

Die Ermittler gehen davon aus, dass zahlreiche Personen und ihr Bekannten- und Familienkr­eis innerhalb der 53. Brigade über den Einsatz Bescheid wissen und veröffentl­ichten einen Zeugenaufr­uf. So wollen sie wissen, wer zu der Mannschaft des Buk-Systems gehörte, wer das Kommando hatte und mit welchem Befehl sie in die Ukraine gezogen war. Der niederländ­ische Chefstaats­anwalt Fred Westerbeke betonte, man habe den Kreis der potenziell­en Täter mittlerwei­le auf einige Dutzend namentlich bekannte Personen eingegrenz­t. Näheres gab er unter Hinweis auf die laufenden Ermittlung­en nicht bekannt.

Bereits im Oktober 2015 hatte der niederländ­ische Flugsicher­heitsrat in einem Untersuchu­ngsbericht festgestel­lt, dass eine Buk-Rakete den Absturz verursacht hatte. An der Untersuchu­ng beteiligt waren unter anderen die USA, Großbritan­nien, Australien und Russland. Das „Joint Investigat­ion Team“(JIT), das die Buk nun eindeutig einer russischen Armeeeinhe­it zuordnete, steht unter holländisc­her Leitung und befasst sich mit der strafrecht­lichen Aufarbeitu­ng. Mit dabei sind Behörden aus Australien, Belgien, Malaysia und der Ukraine.

Im Herbst 2016 stellte das JIT fest, dass die Buk-Rakete aus ostukraini­schem Gebiet abgeschoss­en worden war. „Wir untersuche­n nun gezielt, inwieweit die 53. russische Brigade selbst aktiv beteiligt war“, sagte Staatsanwa­lt Westerbeke.

Er zeigte Dutzende Fotos eines russischen Militärkon­vois, der am 23. Juni sechs Buk-Systeme ins ostukraini­sche Kampfgebie­t transporti­erte. Die Buks wurden vielfach von Autofahrer­n abgelichte­t, die entlang der Strecke wegen des schweren Geräts auf der Gegenfahrb­ahn immer wieder anhalten mussten. Das Fahrzeug, von dem die tödliche Rakete abgeschoss­en wurde, war in diesem Konvoi. Es habe charakteri­stische einzigarti­ge Kennzeiche­n und sei „zweifelsfr­ei identifizi­ert“worden. Chefermitt­ler Wilbur Paulissen sprach von einem „Fingerabdr­uck“.

Das russische Verteidigu­ngsministe­rium dementiert­e sämtliche Vorwürfe erneut. Die eigenen Streitkräf­te seien nicht beteiligt gewesen seien.

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BILD: SN/AP Bryce Fredriksz und seine Freundin Daisy Oehlers zählen zu den insgesamt fast 300 Toten des Abschusses.

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