Eltern verweigerten erneut das Testen ihrer Schulkinder
Gegen die „Testitis“machen Eltern von Volksschülern mobil. Sie bekommen viel Zuspruch und wollen jetzt andere Mitstreiter ins Boot holen.
SALZBURG-STADT. Die Eltern von 13 Viertklasslern der Volksschule des Diakonievereins in Salzburg machten ihre Ankündigung am Donnerstag wahr: Wie schon in der Vorwoche boykottierten sie die Überprüfung des Bildungsstandards ihrer Kinder in Mathematik und ließen die Mädchen und Buben in den ersten zwei Schulstunden zu Hause.
Das Bundesinstitut für Bildungsforschung (Bifie) überprüft regelmäßig in ganz Österreich die Kompetenzen der Schüler. Weil der Großteil der Klasse nicht an der Standardüberprüfung teilgenommen hatte, war für Donnerstag die Wiederholung anberaumt worden.
„Wir haben viele positive Reaktionen aus anderen Elternvereinen, aber auch von Lehrern bekommen“, sagt Elternvertreterin Gudrun Memmer-Ehrlich. Zwar sehe das Bifie-Gesetz die verpflichtende Teilnahme der Kinder vor, sagt Jurist Josef Hörmandinger, dessen Sohn ebenfalls die Klasse besucht. Die Standardüberprüfung sei aber kein Unterricht, daher bestehe keine Schulpflicht. Ihn stört, dass die Kinder während der gesamten Schulzeit getestet werden. „Dahinter steckt immer auch eine politische Bewertung.“Man wisse genug über das Bildungssystem, um es zu verbessern. „Dafür müssen wir nicht unsere Kinder als Versuchskaninchen herleihen.“Die Mitglieder der Elterninitiative seien keine „Wissenschaftsverweigerer“. Im Gegenteil. „Es kommt aber darauf an, wie und welche Daten erhoben werden.“Viele Eltern wüssten gar nicht, dass die Testung stattfinde, sagt Memmer-Ehrlich. Sie pocht auf Wahlfreiheit. Außerdem stört die Eltern, dass mit Fragebögen zum sozioökonomischen Umfeld indirekt personenbezogene Daten erhoben werden. Zudem werde der Unterricht in vielen Schulen auf die Überprüfungen abgestellt. Die Eltern werden nun einen offenen Brief an Pflichtschulen und Elternvereine schicken.
Der Bundeselternverband kämpfe seit Jahren gegen die Kontextfragebögen, sagt Präsident Gernot Schreyer. „Damit werden unsere Kinder durch die Hintertür über das Elternhaus ausgefragt.“Unterstützung für „die mutige Aktion der Eltern“äußern Sigi Gierzinger und Katharina Moltinger von den freien Gewerkschaftern Österreich (PFG). Sie fordern ein Ende der Testungen in der jetzigen Form.
Verständnis für die Entscheidung der Eltern hat Eva Kothbauer-Habersatter, Geschäftsführerin des Diakonievereins. Grundsätzlich habe der Diakonieverein nichts gegen Überprüfungen, um gezielt Bildungspolitik machen zu können. „Den Eltern wird aber glaubhaft gemacht, dass die Anonymität der Kinder gewahrt sei, das ist aber nicht so.“
Roland Bieber vom Landesschulrat sieht das anders: „Die Überprüfung ist keine bösartige Intention, sondern dient der Qualitätssicherung und Verbesserung.“Die Datensicherheit sei gegeben. „Das Bifie ist ja kein Wald-und-Wiesen-Institut, sondern arbeitet auf hohem Niveau.“