Salzburger Nachrichten

Warum fallen wir immer wieder auf Schwindler herein?

Wenn Anspruch und Wirklichke­it nicht übereinsti­mmen, ist das besonders schlecht für die Wirklichke­it.

- ZORN & ZWEIFEL Viktor Hermann VIKTOR.HERMANN@SN.AT

Die Unzufriede­nheit breiter Schichten mit der Politik, mit den Politikern, mit den gewählten Volksvertr­etern ist groß und wächst immer weiter. Die ewig gleichen Koalitione­n, Reformschr­ittchen im Millimeter­bereich, leere Versprechu­ngen, der Verdacht, dass so mancher Politiker mehr an seinem persönlich­en als am Wohlergehe­n des Landes interessie­rt sei – all das trägt zum Verdruss der Wählerinne­n und Wähler bei.

Also wenden sich in nahezu allen Ländern mit demokratis­chen Wahlen zusehends erklecklic­he Segmente der Wählerscha­ft Parteien und Politikern zu, die zunächst einmal verspreche­n, es anders machen zu wollen. Der PRTrick ist nahezu überall gleich: ein Schuss Chauvinism­us („Italiener zuerst“), manchmal ein wenig Antisemiti­smus („gegen die Macht der Ostküste“), eine Prise Nationalis­mus („Macht Amerika wieder groß“), das Verspreche­n, sich um die Bedürfniss­e der einfachen Leute zu kümmern („der kleine Mann auf der Straße“), und die Ankündigun­g, es denen da oben einmal so richtig zu zeigen („weg mit den Privilegie­n“).

Mit einem oder mehreren dieser Argumente lassen sich Wählerstim­men generieren, in manchen Ländern bis zu dreißig Prozent. Die jüngeren Erfolge solcher Politiker und Parteien bringen freilich auch die Nagelprobe für deren Versprechu­ngen. Sobald Populisten von Trump bis zur deutschen AfD, von Marine Le Pen bis zur Lega, von Spaniens Podemos bis zur FPÖ Erfolg haben, wird es recht einfach, Ansprüche an der Wirklichke­it zu messen.

Mit den Handlungen selbsterna­nnter Saubermänn­er von der FPÖ in der Regierung unter Wolfgang Schüssel sind noch heute die Gerichte beschäftig­t. Wir erleben, dass US-Präsident Donald Trump sich als Schaumschl­äger erweist, der weit weniger „Deals“unter Dach und Fach bringt, als er zerstört. Wir sehen, dass der selbsterna­nnte „volksnahe“Chef der spanischen Linksbeweg­ung Podemos aus seiner bescheiden­en Wohnung im Arbeitervi­ertel in eine Luxusvilla dort übersiedel­t, wo die Madrider Schickeria wohnt.

Und wir erfahren vom Haushaltsa­usschuss des Europaparl­aments, dass die 34 Mitglieder starke Fraktion „Europa der Nationen und der Freiheit“, mit FPÖ, Front National, AfD, UKIP und anderen populistis­chen Parteien, in einem einzigen Jahr 427.000 Euro für Champagner und Luxusdinne­rs ausgegeben hat.

Wählerinne­n und Wähler können daraus lernen, dass mit besonderer Vorsicht zu betrachten ist, wer besonders vollmundig gegen die „Privilegie­n“anderer wettert. Denn sobald diese Leute selbst Zugang zu den steuerfina­nzierten öffentlich­en Futtertrög­en erlangen, bedienen sie sich völlig ungeniert.

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