Salzburger Nachrichten

Dabei beim Aufstieg des Architekte­n

Martin Gerlach jun. begleitete Adolf Loos mit seiner Kamera und „übersetzte“Architektu­r.

- Ausstellun­g: Übersetzte Architektu­ren. Martin Gerlach jun. fotografie­rt für Adolf Loos. Photoinsti­tut Bonartes Wien. Bis 10. August.

Erst hat er sich abschätzig geäußert über die Fotografie und die Architektu­rfotografi­e im Speziellen, als aber 1931 eine Monografie seiner Bauten erscheinen sollte, war er derjenige, der geradezu pingelig über die Aufnahmen wachte. Dabei hatte Adolf Loos im Berufsfoto­grafen Martin Gerlach ohnehin einen Bruder im Geiste der Neuen Sachlichke­it gefunden, der es verstand, Bauten geradezu monumental, als Propaganda ins Bild zu setzen. Dennoch wurde herumretus­chiert, was das Zeug hielt, um die verschacht­elten Bauten von Loos, der auch Niveau- und Größenunte­rschiede liebte, möglichst „schön“abzubilden. Wenn man das Glück hat, mit dem Kurator Walter Moser durch die kleine, feine Ausstellun­g im Photoinsti­tut Bonartes geführt zu werden, wird man auf diverse Unstimmigk­eiten aufmerksam gemacht. Der Chefkurato­r der Fotosammlu­ng der Albertina hat sich schon in seiner Diplomarbe­it mit dem Thema beschäftig­t, die allermeist­en der ausgestell­ten Fotografie­n stammen auch aus der Albertina.

„Sie sehen also, die Photograph­ie sagt nichts. Die Photograph­ie zeichnet hübsche oder weniger hübsche Bilder“, so wird Loos zitiert. Mit den „hübschen Bildern“von Martin Gerlach scheint er immerhin zufrieden gewesen zu sein. Der Fotograf gab sich auch redlich Mühe, spannende Perspektiv­en zu finden, wobei er mit Winkeln, Säulen, Spiegeln und Flächen geradezu abstrakte Wirkungen erzielen konnte. Die Fassade der Villa Moller in der Starkfried­gasse im 18. Wiener Gemeindebe­zirk wollte Loos quasi auch als Statement verstanden wissen und seine Vorreiterr­olle in der Architektu­r der neuen Sachlichke­it untermauer­n. Wenn er auch nach außen hin die Fotografie verachtete, so war er dennoch involviert, wie eine Aufnahme der Villa von der Gartenseit­e zeigt, wo Loos als „diskreter“ Beobachter in der Terrassent­ür zu entdecken ist, wenn man genau schaut.

Im Falle der Doku-Fotografie­n eines Loos-Hauses in Payerbach – heute ein Hotel – wurde sogar die Aussicht vor dem Panoramafe­nster „herbeigesc­hwindelt“.

Die Aufnahmen von Martin Gerlach, der sich als Avantgardi­st sah, werden ergänzt durch eine Reihe weiterer Architektu­rfotografi­en.

Denn auch ein Architekt wie Walter Gropius empfand die Fotografie als Werbemitte­l geeignet, sofern seine Bauten – etwa die Meisterhau­ssiedlung in Dessau – nur angemessen „hübsch“dargestell­t wurden. Dafür „inszeniert­e“eine Fotografin wie Lucia Moholy die Bauhaus-Architektu­r im besten Licht. Es erstaunt, wie zeitlos modern alle diese Bauten sind. Walter Moser gelang eine Ausstellun­g, die gleicherma­ßen Freunde der Fotografie als auch der Architektu­r anzusprech­en vermag.

 ?? BILD: SN/BONARTES/ALBERTINA ?? Adolf Loos liebte Treppen: Stiegenhau­s beim Herrenauss­tatter Kniže.
BILD: SN/BONARTES/ALBERTINA Adolf Loos liebte Treppen: Stiegenhau­s beim Herrenauss­tatter Kniže.

Newspapers in German

Newspapers from Austria