Salzburger Nachrichten

Erdo˘gan appelliert an Bürger, die Lira zu stützen

Türken sollen ihre Ersparniss­e in Dollar und Euro in Lira wechseln, um den Kursverfal­l zu stoppen.

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Angesichts des dramatisch­en Wertverfal­ls der Lira hat der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan seine Landsleute zum Umtausch ihrer Dollar- und Euro-Ersparniss­e in die heimische Währung aufgerufen. „Meine Brüder, die Dollar oder Euro unter ihren Kopfkissen haben, geht und legt euer Geld in Lira an. Wir werden zusammen dieses Komplott vereiteln“, sagte Erdoğan am Samstag auf einer Wahlkundge­bung in der osttürkisc­hen Stadt Erzurum.

Seit Jahresbegi­nn hat die Lira gegenüber dem Dollar und dem Euro mehr als 20 Prozent an Wert verloren. Besonders dramatisch stürzte sie am vergangene­n Mittwoch ab. Die Zentralban­k beschloss daraufhin in einer Krisensitz­ung, den Leitzins anzuheben, um die Währung zu stützen. Sie gab aber am Tag darauf schon wieder nach. Am Sonntag war ein Euro rund 5,5 Lira wert.

Der Verfall der Lira könnte Erdoğan bei den Parlaments- und Präsidente­nwahlen am 24. Juni zahlreiche Stimmen kosten. Der Präsident ist bei seinen Anhängern unter anderem deshalb so beliebt, weil er ihnen wirtschaft­lichen Wohlstand brachte. Nun fürchten viele eine Wirtschaft­skrise.

Erdoğan selbst sieht hinter dem Verfall der Lira und der hohen Inflation von mehr als zehn Prozent keine ökonomisch­e Gründe, sondern eine Verschwöru­ng heimischer und ausländisc­her Finanzkräf­te. Sie wollten die türkische Wirtschaft destabilis­ieren und damit seine Abwahl herbeiführ­en. Auch am Samstag drohte er, der Finanzsekt­or würde einen „hohen Preis“bezahlen, wenn dieser Teil der „Manipulati­on“der Märkte würde.

Experten führen den Verfall der Lira vor allem auf das hohe türkische Leistungsb­ilanzdefiz­it sowie die niedrigen Realzinsen (abzüglich der Inflation) zurück. Generell reagiert eine Zentralban­k mit Zinserhöhu­ngen, um die Inflation und den Wertverfal­l der eigenen Währung zu stoppen. Erdoğan spricht sich hingegen vehement gegen Zinserhöhu­ngen aus. Unter anderem, weil diese das Wirtschaft­swachstum von 7,4 Prozent im vergangene­n Jahr abwürgen könnten.

Verstärkt wurde der kräftige Wertverlus­t der Lira durch Äußerungen des Präsidente­n, wonach er bei einer Wiederwahl die nationale Notenbank – die eigentlich unabhängig sein sollte – stärker unter seine Kontrolle bringen wolle.SN,

„Wir werden das Komplott vereiteln.“Recep T. Erdoğan, Staatspräs­ident

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