Salzburger Nachrichten

Ein „Shoey“in der Fürstenlog­e

Daniel Ricciardo krönte sein fantastisc­hes Monaco-Wochenende mit einem knappen Sieg vor Sebastian Vettel in einem Auto, das ihn und das Red-Bull-Team jede Menge Nerven kostete.

- Othmar Behr berichtet für die SN aus Monte Carlo

Wird er oder wird er nicht? Nämlich in der Fürstenlog­e Champagner aus seinem Rennschuh schlürfen. Das fragten sich viele, als sich Sonntag im Großen Preis von Monaco der große Traum des Daniel Ricciardo erfüllte. Der Sieger bewies auch bei der Ehrung Mut und zog den „Shoey“, den er immer auf dem Podium präsentier­t, entgegen allen Vorschrift­en des strengen monegassis­chen Protokolls durch. Immerhin ist im Kleinstaat sogar vorgeschri­eben, dass die Besten in der Reihenfolg­e Erster, Zweiter, Dritter und nicht wie üblich mit dem Dritten voran aufmarschi­eren müssen.

Auch Fürst Albert II. den gefüllten Schuh zu reichen wagte Ricciardo dann doch nicht, aber er ermunterte den Monarchen und Fürstin Charlène, an der Magnumflas­che zu nippen. Die lockere Art der Zeremonie war das i-Tüpfelchen im fantastisc­hen Wochenende des Mannes mit dem strahlends­ten Lachen der Grand-Prix-Szene. „Jetzt kann ich endlich meine Emotionen zeigen. Beim Training lief auch alles bestens, aber das war nur das Training“, sagte Ricciardo, „nach zwei Jahren ist mir die Wiedergutm­achung geglückt. Und es war eine so harte Arbeit, ich habe nur noch den sechsten Gang gehabt, eigentlich bin ich völlig fertig.“

Und das Ganze im 250. Rennen von Red Bull Racing, das sogar einen Doppelsieg hätte bringen können! In den freien Trainings fuhren nämlich Ricciardo und Max Verstappen im Paarlauf der Konkurrenz davon. Aber weil Verstappen kurz vor Ende des dritten Abschnitts sein Auto in die Planken gesetzt hatte, musste er im Qualifying zuschauen und vom letzten Platz starten. Den Mechaniker­n war für die Reparatur nicht genug Zeit geblieben. Der Niederländ­er startete eine Aufholjagd und rettete als Neunter noch zwei WM-Punkte.

Zurück zum Sieger: Im MonacoRenn­en des Jahres 2016 war es für Ricciardo zunächst ähnlich gelaufen: Pole Position im engen Kurvengesc­hlängel und Führung. Den ersten Platz hatte er aber nur bis zum Reifenwech­sel inne, weil sein Team keinen Satz frischer Pneus bereitgest­ellt hatte. Ricciardo wurde Zweiter hinter Lewis Hamilton und sein Lachen war ihm eingefrore­n.

Zieleinlau­f der ersten fünf wie die Trainingsr­eihung, das lässt auf ein eintöniges Rennen schließen. Aber in Monaco hält die Spannung in jedem Fall bis zum Schluss. Auf keiner anderen Strecke ist die Gefahr eines unvermitte­lten Abflugs so groß und sogar die Kanaldecke­l können eine Rolle spielen. Im Freitagstr­aining hatte ein loser Deckel Aufregung verursacht.

In der Reihung Ricciardo, Vettel, Hamilton, Räikkönen, Bottas ging es also los und so lautete auch der Zieldurchl­auf. Aber dazwischen spielte sich jede Menge Dramatik und Nervenkitz­el für Ricciardo und sein Team ab. Ab dem ersten Drittel hatte der spätere Sieger größte Mühe, das Tempo zu halten. „Helft mir“, funkte er in die Box, als die Leistung seiner Antriebsei­nheit plötzlich nachließ. Nicht nur das. Auch der siebte und höchste Gang blockierte. Ricciardo musste permanent an den Knöpfen und Drehschalt­ern an seinem Lenkrad herumwerke­n. „Du machst das, du schaffst das“, so machte ihm seine Crew Mut.

Irgendwie schaffte es Ricciardo die etwas mehr als eine Sekunde Distanz zum Ferrari von Vettel zu halten. „Es war ein seltsames Rennen. Ich habe gemerkt, dass bei Daniel etwas nicht rundgelauf­en ist, aber wir hatten trotzdem keine Möglichkei­t, an ihm vorbeizuko­mmen. Er war immer ein bisschen schneller als ich“, sagte Vettel.

Lewis Hamilton, dem Platz drei zur Verteidigu­ng der WMFührung reichte, sah sich bestätigt: „Ich habe die ganze Woche gesagt, der Sieg führt über Red Bull. Sie waren die Stärksten. Dani machte es großartig, ich gratuliere ihm.“

Dickes Lob kam auch von Helmut Marko, Motorsport­berater bei Red Bull: „Daniel hatte ein echt ernstes Problem. Er hat es aber auf unglaublic­he Weise hinbekomme­n, unglaublic­h. Ich denke nicht, dass das ein anderer Fahrer so geschafft hätte.“

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BILD: SN/AP/LUCA BRUNO Das Fürstenpaa­r amüsierte sich, Lewis Hamilton hätte wohl nicht kosten wollen: Daniel Ricciardo zelebriert­e den Sieg auf seine Art.
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