Ein letzter Anlauf, die Welt doch noch zu retten
Stephan Schulmeister legt seine Abrechnung mit dem Neoliberalismus und seinen Entwurf für eine am Menschen orientierte Wirtschaft vor.
Vierzig Jahre hat der Ökonom Stephan Schulmeister am 1927 von Friedrich August von Hayek und Ludwig von Mises gegründeten Institut für Wirtschaftsforschung (Wifo) gearbeitet. Dass er sich den Kampf gegen den Neoliberalismus, als dessen Wegbereiter Hayek gilt, zu seiner Lebensaufgabe gemacht hat, entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Schulmeister ließ in der Vergangenheit keine Gelegenheit aus, öffentlich klarzumachen, dass der Neoliberalismus ein Irrweg sei, der Wirtschaft und Welt in eine Sackgasse geführt habe.
Nun hat er seine Thesen in Buchform vorgelegt. Schon der Titel „Der Weg zur Prosperität“soll klarmachen, dass es um ein Gegenmodell zu Hayeks Doktrin geht. Der stellte die persönliche Freiheit über alles und sah staatliche Eingriffe als Gefahr für die freie Marktwirtschaft, vor der Hayek in seinem Buch „Der Weg zur Knechtschaft“warnte.
Schulmeister will den Menschen die Augen öffnen. Er versteht nicht, dass viele das, was er und Mitstreiter in der Ökonomenzunft so klar erkennen, nicht sehen oder sehen wollen. Dass sich Politiker, Unternehmer und Bürger seit den 1970er-Jahren dem Mantra der Neoliberalen unterwerfen, wonach der Markt alles regle. Und dass sie vergessen haben, dass ein völlig anderer ökonomischer Weg die Welt nach dem Zweiten Weltkrieg zu Vollbeschäftigung und Wohlstand geführt hat. Der Weg, den John Maynard Keynes, der große Widersacher von Hayek, vorgezeichnet hat, und in dem der Staat eine wichtige Rolle als Akteur in der Wirtschaftspolitik einnimmt.
Schulmeisters Hauptvorwurf an die Neoliberalen ist, sie hätten ihre Doktrin zur einzig gültigen erklärt, sie ließen daneben nichts gelten. Es handle sich um die größte Gegenaufklärung der Geschichte, da sich die Neoliberalen mit Geschick und Geld die Deutungshoheit in der öffentlichen Debatte gesichert hätten.
Schulmeister stellt dem ein Wirtschaftsmodell entgegen, in dem berücksichtigt wird, dass Menschen eben nicht nur rein rational agieren, sondern dass ihre Entscheidungen mit Emotionen und auch mit Rücksichtnahme auf andere zu tun haben. Dass Ökonomen nicht frei von Emotionen sind, spürt man, wenn beim Schreiben der Zorn Schulmeister die Hand führt. Seine Vorschläge zum Überwinden des Neoliberalismus sind bekannt – der Finanzkapitalismus muss gezügelt, der Dollar entmachtet und von einer Weltwährung abgelöst werden. Europa und die Eurozone brauchen eine neue „Spielanordnung“und an die Stelle der Marktreligiosität muss Anteilnahme am Schicksal der Menschen treten. Zum Streiten regt das Buch jedenfalls an – und das ist etwas, was Schulmeister Zeit seines Lebens am liebsten machte –, mit Argumenten und mit viel Herzblut.