Bringt die Wende der Geldpolitik Gold zum Glänzen?
Die Autoren des „Goldreports 2018“blicken tief in die Glaskugel. Bestenfalls könnte sich der Goldpreis vervierfachen, sagen sie. Könnte.
Die Faszination von Gold bleibt ungebrochen, daran ändern auch Preisschwankungen nichts. Dass die klassische „Fluchtwährung“in den jüngsten zehn Jahren aus dem Fokus von Anlegern geraten ist, erklären Experten wie Ronald Stöferle auch mit sogenannten Opportunitätskosten: Dank offener Geldschleusen westlicher Notenbanken war es lukrativer, am boomenden Aktienmarkt zu investieren. Das könnte sich aber mit der kommenden Wende der Geldpolitik ändern, sagt Stöferle, Mitautor des „Goldreport 2018“.
WIEN. Eine Epoche geht zu Ende, wir stehen vor einer dreifachen Zeitenwende. In dieser Zeit der Unsicherheit dürften sich viele Menschen wie schon oft in der Vergangenheit auf zeitlose beständige Werte konzentrieren. Der wichtigste davon ist an den Finanzmärkten schon seit Jahrhunderten das Gold.
So ähnlich ließe sich die Kernaussage des jüngsten „Goldreports“zusammenfassen, den die Autoren Ronald-Peter Stöferle und Mark Valek am Dienstag in Wien präsentierten. Beide arbeiten als Fondsmanager für die Anlage- und Vermögensverwaltungsgesellschaft Incrementum mit Sitz in Liechtenstein.
In ihrer Analyse zeichnen sich gleich „drei fundamentale Trendwenden“ab. Der weltweit einsetzende Zyklus von Zinserhöhungen und die „Schubumkehr der Zentralbanken“von der Flutung der Geldmärkte („Quantitative Easing“) hin zu einer restriktiveren Geldpolitik werde das Jahrzehnt der Liquiditätsschwemme beenden. Diese Entwicklung werde zu Unrecht unterschätzt, sagt Stöferle. In den jüngsten Jahren hätten die westlichen Notenbanken „14 Billionen Dollar, also 14.000 Milliarden, de facto aus dem Nichts geschöpft“. Das Verebben dieser Geldflut sei „der erste echte Crash-Test für die Finanzmärkte seit zehn Jahren“. Zweitens orten Stöferle und Valek eine „währungspolitische Gezeitenwende“weg von der Ausrichtung auf den US-Dollar hin zu einer „multipolaren Ordnung“. Das erhöhe die Relevanz von Gold, das wieder eine zentralere Rolle in den währungspolitischen Überlegungen der Notenbanken spielen werde – auch angesichts der zunehmenden Überschuldung vieler Länder.
Schließlich bewirke die Verbreitung von Kryptowährungen und der zugrunde liegenden Blockchain-Technologie eine „technologische Gezeitenwende“. „Gold und Kryptowährungen sind keine Konkurrenten, sie können parallel zueinander existieren“, erklärt Stöferle.
Für den Goldpreis sieht er je nach Wachstum unterschiedliche Szenarien bis Ende 2020. Glückt die geldpolitische Wende und setzt Wachstum über drei Prozent ein, werde Gold auf eine Bandbreite von 700 bis 1000 Dollar sinken. Glückt sie nicht bzw. erzwängen „adverse Szenarien“gar eine Umkehr der Geldpolitik, könnte Gold in eine Bandbreite von 1800–5000 Dollar steigen, fast eine Vervierfachung des aktuellen Stands von 1304,22. Das Szenario des „Weiterwurschtelns“bedeute einen Goldpreis zwischen 1000 und 1400 Dollar.
Der 2007 erstmals von Stöferle – damals Analyst – präsentierte Goldreport avancierte mittlerweile „zu einer Standardpublikation zum Thema Gold, Geld und Inflation“(Eigendefinition). Der gut 200 Seiten starke Bericht, der im Internet 1,7 Millionen Mal heruntergeladen wurde, biete eine „holistische Einschätzung des Goldsektors samt wichtiger Einflussfaktoren wie Entwicklung der Realzinsen, Schulden oder Notenbankmaßnahmen“.
Der vollständige Titel des Reports lautet übrigens „In Gold we Trust“– angelehnt an die Devise „In God we Trust“(„Auf Gott vertrauen wir“), das Motto auf der Rückseite des 1-Dollar-Scheins. Ein Indiz dafür, dass beide Experten einer positiven Einschätzung für den Goldpreis zuneigen. 2016 hatten sie für Juni 2018 ein Goldpreis-Ziel bei 2300 US-Dollar gesehen. Der damals vorhergesagte Gold-„Bullenmarkt“blieb freilich ebenso aus wie die „für 2016, vielleicht erst Anfang 2017“in Aussicht gestellte Rezession in den USA.
„Das Ende der Geldflut wird unterschätzt.“Ronald Stöferle, „Goldreport“-Autor