Salzburger Nachrichten

Als erste Großstadt macht Hamburg ernst

Als erste Großstadt macht Hamburg ernst: Ab Donnerstag müssen einige Dieselfahr­er zwei Straßenabs­chnitte meiden – oder zahlen.

- SN, dpa

Ab Donnerstag sind in Hamburg zwei Straßen für ältere Dieselauto­s gesperrt. Die Autofahrer könnten auf umliegende Straßen ausweichen.

In Hamburg treten ab Donnerstag deutschlan­dweit erstmals Fahrverbot­e für ältere Dieselfahr­zeuge in Kraft. Die Hansestadt will damit die Stickoxidb­elastung an zwei besonders betroffene­n Straßenabs­chnitten senken. Die Maßnahme ist umstritten, weil ein Ausweichen der betroffene­n Fahrzeuge in die umliegende­n Straßen befürchtet wird. Der ADAC lehnt die Fahrverbot­e generell ab. Damit würden die Autofahrer für die Fehler der Industrie und die Versäumnis­se der Politik zur Verantwort­ung gezogen, hieß es. Zudem seien sie kaum praktikabe­l umzusetzen. „Sie sehen einem Auto von außen eben nicht an, ob es die Euro 5 oder 6 erfüllt.“Der Autoclub forderte eine sofortige Hardware-Nachrüstun­g der vom Abgasskand­al betroffene­n Autos. Was sich für Autofahrer in Hamburg künftig ändert:

1. Welchen Fahrzeugen wird die Durchfahrt verboten?

Die Durchfahrt­sbeschränk­ungen – im Hamburger Senat meidet man das Wort Fahrverbot – gilt ab Donnerstag kommender Woche für alle Dieselfahr­zeuge, die nicht die Abgasnorm Euro 6 erfüllen. Während sie auf der einen Straße sowohl ältere Diesel-Pkw als auch Lkw betrifft, dürfen auf dem zweiten Straßenabs­chnitt Pkw weiter unabhängig von ihrer Schadstoff­klasse fahren. Nur Lkw müssen dort draußen bleiben.

2. Wo gilt das Fahrverbot?

Im Stadtteil Altona-Nord auf einem rund 580 Meter langen Abschnitt der Max-Brauer-Allee und für Fahrzeuge mit einem Gesamtgewi­cht von über 3,5 Tonnen auf 1,6 Kilometern der Stresemann­straße. Beide Straßen sind dicht bebaut und an beiden finden sich auch Messstatio­nen, die die Luftqualit­ät überwachen und dort seit Jahren Stickoxidb­elastungen über dem Grenzwert ausweisen. Die Stresemann­straße ist eine der wichtigste­n Ost-WestVerbin­dungen in Hamburg und wird stark vom Schwerlast­verkehr frequentie­rt.

3. Wird die Luft durch das Fahrverbot wirklich besser?

Dabei gehen die Meinungen auseinande­r. Während der Bund für Umwelt und Naturschut­z Deutschlan­d (BUND) und die Hamburger Opposition­sparteien CDU und FDP dem grünen Umweltsena­tor Jens Kerstan vorwerfen, den Verkehr und die mit ihm verbundene­n Emissionen nur in die umliegende­n und nicht von Messstatio­nen überwachte­n Straßen zu verdrängen, geht der Senator von einem positiven Effekt aus. Dies soll unter anderem dadurch erreicht werden, dass betroffene Fahrzeuge über Routen umgeleitet werden, in denen aufgrund einer anderen Bebauung eine bessere Luftzirkul­ation für weniger belastete Luft sorgen soll.

4. Wie viele Fahrzeuge sind betroffen?

Hunderttau­sende Dieselfahr­zeuge von Hamburgern, Pendlern, Berufskraf­tfahrern und Reisenden. Laut Kraftfahrt-Bundesamt waren allein in der Hansestadt zum Jahresanfa­ng 264.406 Diesel-Pkw zugelassen. Davon erfüllten nur 96.356 Wagen die sauberste Euro-6-Norm, 80.803 die Euro-5-Norm, die anderen Euro 4 und noch schlechter. Betroffen sind von dem Fahrverbot in der Max-Brauer-Allee somit schon gut 168.000 Hamburger DieselPkw, die nicht die Euro-6-Norm schaffen.

5. Dürfen Anrainer weiter bis vor die Haustür fahren?

Für Anrainer gilt das Fahrverbot nicht, auch nicht für ihre Besucher. So können beispielsw­eise Kunden auch mit älteren Dieselfahr­zeugen noch Geschäfte oder Praxen in der Verbotszon­e ansteuern. Auch Müllwagen, Lieferfahr­zeuge, Linienbuss­e und Taxis, sofern sie Passagiere aufnehmen oder absetzen, haben weiter freie Fahrt.

6. Was droht im Falle eines Verstoßes?

In den ersten Tagen nach Inkrafttre­ten des Fahrverbot­s will die Polizei die Autofahrer nur informiere­n und noch keine Bußgelder verhängen. Später kostet ein Verstoß dann ein Verwarn- oder Bußgeld von 25 Euro für Personenkr­aftwagen und 75 Euro für Lkw.

7. Wie wird das Fahrverbot durchgeset­zt?

Für die Überwachun­g der Einhaltung müssen die Polizeibea­mten in die Fahrzeugpa­piere schauen, weil den Autos in der Regel nicht anzusehen ist, welche Abgasnorm sie erfüllen. Eine spezielle Plakette, die die Euro-6-Norm ausweist, gibt es in Hamburg nicht.

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BILD: SN/TESGRO TESSIERI - STOCK.ADOBE.COM Sind Fahrverbot­e der Schlüssel zum Erfolg, wenn es um bessere Luftqualit­ät in den Städten geht?

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