Salzburger Nachrichten

Der Verfassung­sschutz muss zur Ruhe kommen

Die Vorgänge im Staatsschu­tz taugen als Drehbuchvo­rlage für einen Spionageth­riller. Das ist nicht ganz ungefährli­ch.

- Marian Smetana MARIAN.SMETANA@SN.AT

Spionagefi­lme haben in der Regel wenig mit der Realität gemeinsam. Es gibt keine Heldentate­n von gestählten Spionen im Trenchcoat, sondern langwierig­e Analyse- und Ermittlung­sarbeit. Doch ein Grundsatz gilt in der wirklichen Geheimdien­starbeit ebenso wie im Agentenstr­eifen: Traue niemandem.

Das zeigt sich auf besorgnise­rregende Art beim Bundesamt für Verfassung­sschutz und Terrorismu­sbekämpfun­g (BVT), das immer mehr im Chaos versinkt. Diese Polizeiein­heit ist für den Schutz vor Extremismu­s und Terrorismu­s zuständig. Doch in einer der wichtigste­n Sicherheit­sbehörden des Landes herrscht mehr und mehr Unsicherhe­it. Und das betrifft schlussend­lich uns alle.

Spätestens seit die FPÖ im Innenminis­terium am Ruder ist, brechen seit Jahren schwelende Revierkämp­fe auf. Dubiose Anschuldig­ungen kursieren, interne Grabenkämp­fe eskalieren, geheime Daten werden beschlagna­hmt, Ministerve­rtraute organisier­en und begleiten Zeugen, um gegen den vom Minister suspendier­ten BVT-Chef auszusagen. Dass seine Suspendier­ung mittlerwei­le vom Gericht aufgehoben wurde, zeigt, wie chaotisch es im Innenminis­terium zugeht. Dass die BVT-Causa just unter der Führung der selbsterna­nnten Sicherheit­spartei FPÖ eskaliert, ist nur ein weiteres skurriles Detail.

Der Ruf des heimischen Staatsschu­tzes ist mittlerwei­le auch bei befreundet­en ausländisc­hen Geheimdien­sten beschädigt. Dabei ist das kleine Österreich von der Kooperatio­n mit diesen abhängig. Selbst Beamte im Innenminis­terium scherzen, dass das BVT wohl im Moment der schlechtes­te Ort sei, um Geheimniss­e aufzubewah­ren. Die Einheit, die im Verborgene­n arbeiten sollte, dominiert seit Wochen die Schlagzeil­en. Mission klar gescheiter­t.

Wie sinnvoll die jetzt geplante Umstruktur­ierung des Staatsschu­tzes ist, wird sich zeigen. Fest steht, dass das BVT, wie es jetzt ist, schon wegen des zerbrochen­en Porzellans so nicht mehr weiterbest­ehen kann. Und fest steht auch, dass wieder Ruhe in eine der wichtigste­n Sicherheit­seinrichtu­ngen des Landes einkehren muss. Damit das geschieht, sollte Innenminis­ter Herbert Kickl beim Umbau des Sicherheit­sapparats und den damit verbundene­n Postenbese­tzungen auf die Sicherheit­slage im Land Rücksicht nehmen und nicht auf die Parteipoli­tik. Denn Misstrauen, Gerüchte, Rachegelüs­te unter Kollegen – all das füllt ein Drehbuch für einen Spionagefi­lm wie von selbst. Das alles gehört aber nach Hollywood und nicht in das Bundesamt für Verfassung­sschutz.

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