Der Verfassungsschutz muss zur Ruhe kommen
Die Vorgänge im Staatsschutz taugen als Drehbuchvorlage für einen Spionagethriller. Das ist nicht ganz ungefährlich.
Spionagefilme haben in der Regel wenig mit der Realität gemeinsam. Es gibt keine Heldentaten von gestählten Spionen im Trenchcoat, sondern langwierige Analyse- und Ermittlungsarbeit. Doch ein Grundsatz gilt in der wirklichen Geheimdienstarbeit ebenso wie im Agentenstreifen: Traue niemandem.
Das zeigt sich auf besorgniserregende Art beim Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT), das immer mehr im Chaos versinkt. Diese Polizeieinheit ist für den Schutz vor Extremismus und Terrorismus zuständig. Doch in einer der wichtigsten Sicherheitsbehörden des Landes herrscht mehr und mehr Unsicherheit. Und das betrifft schlussendlich uns alle.
Spätestens seit die FPÖ im Innenministerium am Ruder ist, brechen seit Jahren schwelende Revierkämpfe auf. Dubiose Anschuldigungen kursieren, interne Grabenkämpfe eskalieren, geheime Daten werden beschlagnahmt, Ministervertraute organisieren und begleiten Zeugen, um gegen den vom Minister suspendierten BVT-Chef auszusagen. Dass seine Suspendierung mittlerweile vom Gericht aufgehoben wurde, zeigt, wie chaotisch es im Innenministerium zugeht. Dass die BVT-Causa just unter der Führung der selbsternannten Sicherheitspartei FPÖ eskaliert, ist nur ein weiteres skurriles Detail.
Der Ruf des heimischen Staatsschutzes ist mittlerweile auch bei befreundeten ausländischen Geheimdiensten beschädigt. Dabei ist das kleine Österreich von der Kooperation mit diesen abhängig. Selbst Beamte im Innenministerium scherzen, dass das BVT wohl im Moment der schlechteste Ort sei, um Geheimnisse aufzubewahren. Die Einheit, die im Verborgenen arbeiten sollte, dominiert seit Wochen die Schlagzeilen. Mission klar gescheitert.
Wie sinnvoll die jetzt geplante Umstrukturierung des Staatsschutzes ist, wird sich zeigen. Fest steht, dass das BVT, wie es jetzt ist, schon wegen des zerbrochenen Porzellans so nicht mehr weiterbestehen kann. Und fest steht auch, dass wieder Ruhe in eine der wichtigsten Sicherheitseinrichtungen des Landes einkehren muss. Damit das geschieht, sollte Innenminister Herbert Kickl beim Umbau des Sicherheitsapparats und den damit verbundenen Postenbesetzungen auf die Sicherheitslage im Land Rücksicht nehmen und nicht auf die Parteipolitik. Denn Misstrauen, Gerüchte, Rachegelüste unter Kollegen – all das füllt ein Drehbuch für einen Spionagefilm wie von selbst. Das alles gehört aber nach Hollywood und nicht in das Bundesamt für Verfassungsschutz.