1684 statt 2460 Euro pro Monat
Die neue Mindestsicherung bringt für Großfamilien weniger Geld. Europarechtlich problematisch ist eher die Regel, dass anerkannten Flüchtlingen 300 Euro gestrichen werden können.
WIEN. Die Pläne der Bundesregierung für eine neue Mindestsicherung bleiben umstritten. Heftig diskutiert wird vor allem, dass die Unterstützung je nach Anzahl der Kinder gesenkt wird und der Plan, dass anerkannte Flüchtlinge die volle Unterstützung (863 Euro) erst erhalten, wenn sie Deutsch (Niveau B1) sprechen.
Wie stark die neuen Regeln wirken, zeigt ein Beispiel der Bundesregierung: Sie rechnet vor, dass eine Familie, die mit fünf Kindern seit sechs Jahren in Wien lebt, derzeit 2460 Euro Mindestsicherung erhält. Nach der Reform sollen es 1684 Euro sein. Wobei noch andere Sozialleistungen, wie etwa die Kinderbeihilfe, dazukommen.
Beim Integrationsfonds heißt es, dass das Sprachniveau B1 eine „selbstständige Sprachverwendung“ermöglicht. Wer diesen Level erreicht hat, kann sich in der Arbeitswelt zurechtfinden. Anerkannte Flüchtlinge, die diese Prüfung abgelegt haben, können vom Arbeitsmarktservice vermittelt werden. Die Prüfung besteht aus einem schriftlichen und einem mündlichen Teil, wobei sowohl Lesen, Schreiben als auch Hören abgefragt wird (siehe Beispiele). Wie lang jemand brauche, um diese Prüfung abzulegen, lasse sich nicht voraussagen, heißt es beim Integrationsfonds. Dies hänge von der Vorbildung ab. Juristen sehen die 300-Euro-Regelung besonders kritisch. Asylberechtigte dürften nicht schlechtergestellt werden als Staatsbürger. Ihnen 300 Euro zu streichen könnte europarechtlich bedenklich sein, sagt Univ.-Prof. Walter Obwexer von der Universität Innsbruck, dessen Forschungsschwerpunkt das Europarecht ist. Ähnliche Vorbehalte gibt es für die geplante Fünf-JahresFrist, nach der erst einen Anspruch auf Mindestsicherung bestehen soll. Zweifel, die Kanzleramtsminister Gernot Blümel (ÖVP) nicht nachvollziehen kann. Er ist überzeugt, dass die neue Mindestsicherung vor dem Verfassungsgerichtshof Bestand haben wird. Österreichweit könnten bis zu 80 Mill. Euro eingespart werden. Aus Zahlen der Statistik Austria geht hervor, dass i 2016 mehr als die Hälfte der Mindestsicherungsbezieher Familien mit Kindern waren. Demnach gab es in ganz Österreich 307.533 Bezieher (173.484 in Wien). Davon lebten 98.192 Bezieher in Paar-Haushalten mit Kindern (davon 58.705 in Wien), 59.050 in Alleinerzieher-Haushalten mit Kindern (28.946 in Wien). 113.231 waren Alleinstehende, 16.962 Paare ohne Kinder. Dazu kommen weitere Haushaltsformen, z. B. mit mehreren volljährigen Personen.