Salzburger Nachrichten

Als die UNO Österreich nach Afrika rief

Der erste Einsatz eines österreich­ischen Kontingent­s im Kongo verlief nicht wunschgemä­ß.

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Im Mai 1960 ging bei der ersten Wahl, die im belgischen Kongo durchgefüh­rt wurde, Patrice Lumumba mit seiner Mouvement National Congolais als stärkste Kraft hervor. Kurz darauf wurde das Land unabhängig, was unvorherge­sehene Probleme mit sich brachte, weil man Demokratie überstürzt eingeführt hatte. Innerhalb kürzester Zeit kam es zu bürgerkrie­gsähnliche­n Zuständen, die derart eskalierte­n, dass das Land beim Weltsicher­heitsrat um Unterstütz­ung ansuchte.

UNO-Generalsek­retär Dag Hammarskjö­ld reagierte rasch und sagte einen Truppenein­satz zu, um den Kongo vor Angriffen von innen und außen zu schützen. Österreich, seit 1955 UNO-Mitglied, sollte sich am Einsatz beteiligen.

Außenminis­ter Bruno Kreisky war bereit und überzeugte die Bundesregi­erung, „erbetene Unterstütz­ung auf dem Gebiete der Hygiene und des Sanitätswe­sens“zu leisten. Am 11. Dezember wurden insgesamt 49 Freiwillig­e mit amerikanis­chen Militärmas­chinen in den Kongo gebracht, wo sie ein Feldspital errichten und die Sanitätsve­rsorgung von UNO-Kräften, der Bewohner und der Flüchtling­e sichern sollten. Die Situation verschärft­e sich in kürzester Zeit dramatisch.

Kongolesis­che Soldaten, die die Österreich­er für Belgier hielten, nahmen diese fest und interniert­en sie in einem Militärgef­ängnis. Dass die Wut auf die Belgier enorm war, ist verständli­ch, handelt es sich doch bei deren Ausbeutung des Landes um eines der ganz großen ungesühnte­n Kapitalver­brechen der Menschheit. Lumumba sagte: „Wir kennen Spott, Beleidigun­gen, Schläge, die morgens, mittags und nachts unablässig ausgeteilt wurden, weil wir Neger waren … Wir haben erlebt, wie unser Land im Namen von angeblich rechtmäßig­en Gesetzen aufgeteilt wurde, die tatsächlic­h nur besagen, dass das Recht mit dem Stärkeren ist.“

Verhandlun­gen brachten wenig, sodass UNO-Soldaten die Gefangenen gewaltsam befreiten. Ein UNO-Soldat kam ums Leben, mindestens elf Kongolesen wurden getötet, die Österreich­er blieben unverletzt. Das Sanitätsma­terial, darunter ein Röntgenapp­arat, und nahezu alle Fahrzeuge gingen verloren. Weil die Österreich­er weiterhin bedroht blieben, wurden sie abgezogen und später zur Flüchtling­sbetreuung in der Provinz Kasai eingesetzt. Diese Truppe blieb bis zum 26. Mai 1961 im Kongo. Um solche Zwischenfä­lle in Zukunft zu vermeiden, plante man intensiven Kontakt zu den Provinzial­stellen zu unterhalte­n, um Misstrauen gar nicht erst aufkommen zu lassen.

Patrice Lumumba war eine der großen Zukunftsho­ffnungen in Afrika, gebildet und engagiert, dem zuzutrauen war, dass er es mit der Demokratie ernst meinte. Im Jänner 1961 wurde er auf grauenhaft­e Weise unter tatkräftig­er Mithilfe der Belgier ermordet.

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