Polizisten schwelgten im Luxus
Schwedische Ermittler sollen fast ein Jahr lang ein Luxusleben in Spanien geführt haben. Sie wollten sich mit einem vermeintlichen Drogenbaron anfreunden. Das endete im Desaster.
In einem Hollywoodfilm wäre das vermutlich kaum der Rede wert – in der rechtsstaatlichen Wirklichkeit Schwedens schon. Das öffentlich-rechtliche Fernsehen in Schweden (SVT) übt in einer Dokumentation scharfe Kritik an Zivilfahndern der geheimen „Sektion für bestimmte Einsätze“(SSI) zur Infiltrierung des organisierten Verbrechens. Der Beitrag wird heute, Mittwoch, ausgestrahlt.
Wie nun bekannt wurde, sollen Elite-Ermittler im Jahr 2009 elf Monate lang ein Luxusleben auf Staatskosten bei Barcelona mit ständigen Besuchen in Nobelrestaurants und Nachtclubs geführt haben. Im Rahmen der geheimen „Operation Playa“wollten sie freundschaftlichen Kontakt zu dem nun bei SVT namentlich auftretenden mutmaßlichen schwedischen Kokainbaron Jonas Falk aufbauen.
Er soll in ein großes schwedisches Drogenimportgeschäft verwickelt sein. Die verdeckten Ermittler in Spanien spielten vermögende, kriminelle Schweden, die unter anderem im Diamantenhandel tätig waren. Sie sollen unzählige Trinkgelage ausgegeben, Essenseinladungen ausgesprochen und großzügig Luxusautos verliehen haben, berichtet SVT. Der Plan: Falk sollte nach der Anfreundungsphase seine mutmaßlichen Drogengelder bei den vertrauenswürdigen Landsleuten investieren und waschen. Die Beamten freundeten sich zunächst mit einem unschuldigen schwedischen Verkäufer Namen Mattias Johansson an. Er sollte den Kontakt zu Falk herstellen. Laut SVT nahmen die Ermittler dabei in Kauf, dass Johansson damit, ohne es zu wissen, größter Lebensgefahr ausgesetzt wurde. Dem Sender erzählt Johansson von der Großzügigkeit der verdeckten Ermittler: „Da gab es viel Champagner und gutes Essen.“Auch der damals als Drogenbaron verdächtigte, wegen Banküberfällen vorbestrafte Falk sagte: „Hätte die Polizei mit der Drogenliga recht gehabt und dieser Mann hätte verdeckte Ermittler eingeschleust, dann hätte man ihn ermordet.“Doch Johansson stellte die verdeckten Beamten nie vor – obwohl er Falk kannte.
Nach elf Monaten hatten die Fahnder laut SVT nicht einen einzigen persönlichen Kontakt zu dem mutmaßlichen Drogenbaron gehabt. In Diskussionsforen spaßen Bürger nun, ob das ungewohnte Luxusleben die bescheiden entlohnten Staatsdiener vielleicht zu sehr ablenkte. SVT deutet an, dass die Ermittler weiter gegangen seien, als das Gesetz erlaubt. So geschah ein Einbruch bei Falks Tante. Überwachungskameras zeichneten die maskierten Männer auf. Auch dieses Video strahlt SVT aus. Obwohl im Haus viel Geld war, wurden nur Falks Unterhosen und Strümpfe gestohlen, die seine DNA enthalten könnten.
Die Operation sei ein Riesenfiasko gewesen, räumt die verantwortliche Staatsanwältin Karin Bergstrand ein. „Die Polizei hat das hinter meinem Rücken gemacht, ich bin richtig sauer.“Eine spätere Untersuchung verlief im Sand, weil alle wichtigen Daten zur Operation gelöscht wurden. Am Dienstag erklärte die Polizei jedoch, dass sie eine interne Ermittlung einleiten werde. Laut Ex-Staatsanwalt Nils Schultz haben sich die Ermittler zahlreicher Vergehen schuldig gemacht.
Jonas Falk war im Jahr 2010 in Kolumbien festgenommen und in Schweden verurteilt worden – aber nicht aufgrund der Ermittlungsgruppe in Barcelona. Zunächst wurde er zu 18 Monaten Haft verurteilt, in der Berufung dann aber völlig freigesprochen. Er erhielt Schadenersatz für die U-Haft-Zeit.