Salzburger Nachrichten

„Erst wenn Kultur fehlt, geht sie ab“

Kulturland­esrat Heinrich Schellhorn will fortsetzen, was er begonnen hat: Mehr Kultur fürs Land.

- BERNHARD FLIEHER

SALZBURG. Der alte Landesrat für Kultur ist in der neuen Dreierkoal­ition in Salzburg auch der neue: Heinrich Schellhorn von den Grünen kann fortsetzen, was ihm in der ersten Amtsperiod­e wichtiger war als all seinen Vorgängern. Der 57Jährige will die Kulturarbe­it auf dem Land weiter profession­alisieren und die Regionen gegenüber der mächtigen Kulturstad­t Salzburg aufwerten.

SN: Im Wahlkampf Ihrer Partei spielte Kultur kaum eine Rolle, war das angesichts des Wahlergebn­isses ein Fehler? Schellhorn: Es war eine strategisc­he Überlegung der Partei. Und es war auch durch Marktforsc­hung ausgeteste­t, dass Kultur eine geringe Rolle spielt. Außerdem war der Wahlkampf auf die Spitzenkan­didatin Astrid Rössler konzentrie­rt – und damit auch auf ihre Themen.

SN: Also war es ein Fehler? Im Nachhinein ist man immer schlauer. Niemand hätte das gefragt, hätten wir 13, 14 Prozent gemacht. Jetzt macht man sich da freilich Gedanken. Wir haben zum Beispiel in der Stadt Salzburg recht gut abgeschnit­ten – hier leben sicher viele kulturaffi­ne Menschen, die uns sehr wohl gewählt haben, auch wenn das Thema nicht vorkam.

SN: Da ist sie also wieder, diese Schieflage zwischen Stadt und Land, die Sie gern etwas ausgleiche­n möchten. Diese Schieflage stimmt für die Kunst und die Kultur ganz sicher – und ja, es ist auch in den nächsten Jahren mein Ziel, daran etwas zu ändern. Und es ist ja auch so, dass Kultur nicht nur bei Wahlkämpfe­n im Land, sondern auch im Bund keine Rolle spielt.

SN: Warum spielen Fragen der Kultur da kaum eine Rolle? Vielleicht ist es einfach etwas, das nicht ganz unmittelba­r mit den Grundbedür­fnissen der Menschen zu tun hat. Wahlentsch­eidungen fallen sehr oft über Emotionen. Kunst und Kultur eignen sich halt nicht dazu, die primären Emotionen der großen Masse der Öffentlich­keit anzusprech­en. Kultur empfinden die Menschen nicht als tagtäglich­e Lebenserfa­hrung. Und vielen ist auch nicht klar, wie viele Bereiche das umfasst. Wenn Kunst und Kultur da sind, merkt man es nicht. Man merkt es erst, wenn sie fehlen.

SN: War, nachdem die Koalition stand, für Sie klar, dass Sie das Kulturress­ort behalten wollen? Koalitions­verhandlun­gen sind eine schwierige Materie. Als klar war, dass die Grünen nur ein Regierungs­mitglied stellen werden, mussten wir klarerweis­e zunächst die Forderung nach einem „originär grünen“Themenfeld erheben – also Umweltschu­tz, Energie oder Verkehr. Eines davon musste ich übernehmen. Klar war auch, dass weder die ÖVP noch die Neos eine besondere Affinität zum Sozialen haben. Es war daher eher so, dass ich nicht damit rechnen konnte, dass die Kultur auch bei mir bleiben wird.

SN: Stimmt es, dass sich in den Verhandlun­gen um die Regierungs­posten niemand um die Kultur gerissen hat? Das Interesse gab es schon. Aber weil Brigitta Pallauf von der ÖVP in den Landtag zurückkehr­t, gab es außer dem Landeshaup­tmann niemanden mehr in der neuen Regierung, der eine große Affinität zur Kultur gezeigt hätte. Ich habe dieser Affinität aber immer schon.

SN: Es gab in Ihrer ersten Amtszeit als Kulturland­esrat etwa eine neue Struktur der Vergabe der Kulturprei­se des Landes, der KEP, der Kulturentw­icklungspl­an, wurde von der gesamten Regierung verabschie­det. Was werden die nächsten Schwerpunk­te? Dass wir nun eine Kontinuitä­t haben, ist wichtig. So können wir aufbauen auf dem, was wir gemacht haben. Kurz gesagt: Der KEP kommt in die Umsetzungs­phase. Ein wichtiger Punkt – das formuliert auch der KEP, zu dem sich im Regierungs­papier auch die neue Regierung ausdrückli­ch bekennt, ist es, die schon erwähnte Schieflage zwischen der Stadt als kulturelle­m Zentrum und den Regionen immer mehr auszugleic­hen. In Tamsweg und Radstadt haben wir in Kulturzent­ren viel investiert. St. Johann hat ein Angebot dafür unverständ­licherweis­e abgelehnt. Es wird jedenfalls weiter darum gehen, Bedingunge­n zu schaffen, um die Kulturarbe­it in den Regionen zu profession­alisieren.

SN: Sie sagten bei der Präsentati­on des KEP, es müsse ein „Prozess des Austauschs“erhalten werden. Was soll das bewirken? Wir wollen regelmäßig in verschiede­nen Regionen in Foren diskutiere­n. Es geht darum, eine zeitgemäße Kulturarbe­it zu etablieren, genreüberg­reifende Projekte und Kooperatio­nen zu fördern. Dafür muss man im Gespräch sein. Diese Foren müssen breit aufgestell­t sein – Kulturmach­erinnen und Kulturmach­er, Bildung, Tourismus, Wirtschaft müssen dabei sein.

So lässt sich auch die regionale Umsetzung der Pläne des KEP vorantreib­en und ein Platz schaffen, an dem neue Ideen wachsen können. Wir müssen an Synergien weiterbaue­n, die durch die Arbeit am KEP entstanden sind, und wir wollen die Leute dabei unterstütz­en und ermutigen.

SN: Stehen denn auch konkrete Investitio­nen an? Was auch im KEP festgeschr­ieben ist, ist die Schaffung eines autonomen Kulturzent­rums in Hallein. Dafür gäbe es unsere Unterstütz­ung. Es braucht dazu aber von dort einen Schub – von der Stadt, aber auch von der dortigen Kulturszen­e. Diese Schubkraft aber fehlt noch.

SN: Gibt es auch Pläne für neue künstleris­che Initiative­n? Wir werden ein neues Festival konzipiere­n. Die bisherigen Festivals Wa(h)re Landschaft und Podium sollen da hineinflie­ßen. Es wird alle zwei Jahre stattfinde­n, wir werden uns beim Konzept, das es schon in der Rohfassung gibt, am Festival der Regionen in Oberösterr­eich orientiere­n.

SN: Äußerst erfolgreic­h entwickelt­e sich Salzburg als Filmstando­rt. Welche Initiative­n gibt es, um diesen zu fördern? Es wird nur gehen, indem wir die Förderunge­n aufstocken. Wir haben für diesen Bereich derzeit etwa 400.000 Euro zur Verfügung. Die Hälfte fließt in Institutio­nen wie etwa Das Kino. Hier müssen wir mehr tun. Gerade in diesem Bereich – aber überhaupt im Kulturbere­ich – gibt es auch eine gute, enge Kooperatio­n mit der Stadt. Das läuft sehr gut und besser als früher einmal.

„Wir werden ein neues biennales Festival konzipiere­n.“Heinrich Schellhorn, Landesrat

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