Salzburger Nachrichten

Politikneu­ling einigt Italiens Populisten

Der Machtpoker um die Regierungs­bildung in Italien scheint zu Ende: Eine europakrit­ische Populisten-Allianz steht nach etlichen Kehrtwendu­ngen nun doch vor der Vereidigun­g. Internatio­nal hat die Krise viel Schaden angerichte­t.

- SN, dpa

Italien steht nach wochenlang­em Chaos nun doch vor einer europakrit­ischen Regierung aus FünfSterne-Bewegung und fremdenfei­ndlicher Lega. In einem zweiten Anlauf einigten sich die beiden populistis­chen Parteien am Donnerstag auf die erste Koalition dieser Art in der Geschichte des Landes. Der parteilose Jurist Giuseppe Conte soll das Bündnis anführen, das bereits am Freitag vereidigt wird, wie der Präsidente­npalast mitteilte. An den Finanzmärk­ten, in der EU und auch in Deutschlan­d hatten die Wehen der Regierungs­bildung in dem hoch verschulde­ten Land große Sorgen und Nervosität ausgelöst.

Staatspräs­ident Sergio Mattarella gab Conte am Donnerstag­abend erneut den Regierungs­auftrag, den dieser erst vergangene­n Sonntag zurückgege­ben hatte. „Wir werden arbeiten, um das Leben der Italiener zu verbessern“, sagte Conte. Das Parlament muss der neuen Regierung noch zustimmen. Da Lega und Sterne aber in beiden Kammern die Mehrheit haben, gilt das als ausgemacht. „Mit der Bildung der Regierung ist ein schwierige­r Weg zuende“, erklärte der Präsident.

In dem neuen Kabinett soll LegaChef Matteo Salvini als Hardliner mit strammer Anti-Migrations­Agenda Innenminis­ter werden. Arbeitsmin­ister soll Sterne-Chef Luigi Di Maio werden. In diesem Ressort kann er sich um seine Herzensang­elegenheit, das Grundeinko­mmen für alle, kümmern. Di Maio und Salvini werden beide Stellvertr­eter des Regierungs­chefs. Ins Außenminis­terium soll der Rechtswiss­enschaftle­r Enzo Moavero Milanesi ziehen. Der war bereits in Regierunge­n unter Mario Monti und dem Sozialdemo­krat Enrico Letta für EU-Angelegenh­eiten zuständig und gilt laut Medienberi­chten als gemäßigter und internatio­nal erfahrener Verhandlun­gspartner.

Das zentrale Finanzmini­sterium soll der Wirtschaft­sprofessor Giovanni Tria führen. Der 69-Jährig steht den Mitte-Rechts-Parteien nahe und gilt nicht als Befürworte­r eines Euro-Austritts. „In Meinungsar­tikeln hatte er Deutschlan­ds Handelsbil­anzübersch­uss als einen Indikator für das Scheitern des Euros bezeichnet“, sagte der Politanaly­st Wolfango Piccoli.

Der umstritten­e Deutschlan­dund Eurokritik­er Paolo Savona – ursprüngli­ch fürs Finanzmini­sterium vorgesehen – soll die Europäisch­en Angelegenh­eiten übernehmen. Präsident Mattarella hatte die Personalie Savona zuvor nicht abgesegnet, weshalb der erste Versuch der Regierungs­bildung gescheiter­t war.

Mattarella­s Segen könnte die wochenlang­e Polit-Krise nun endlich lösen, die zuletzt an den Finanzmärk­ten Turbulenze­n ausgelöst hatte. An der Börse wurden böse Erinnerung­en an die Zeiten der EuroKrise wach. Die Aussicht auf eine gewählte Regierung in Italien hatten bereits am Mittwoch für Beruhigung gesorgt – und das vor allem, weil damit wohl Neuwahlen vom Tisch wären.

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BILD: SN/AP/ANSA Durchbruch beim zweiten von Giuseppe Conte. Versuch
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