Drei Varianten von Slowenien
Zwei ehemalige Premierminister kämpfen mit einem Komiker am Sonntag um den Sieg. 23 weitere Parteien machen das Rennen spannend – und den Ausgang kaum vorhersehbar.
Drei Wochen früher als geplant wählen die Slowenen am Sonntag ein neues Parlament. Den Grund für die Vorverlegung lieferte Premierminister Miro Cerar mit seinem Rücktritt im März: Es war ein Urteil des slowenischen Gerichtshofs, das ein Großprojekt seiner Regierung ausbremste und das Fass für ihn zum Überlaufen brachte; seine Koalitionspartner behinderten Reformen, hatte Cerar schon zuvor beklagt.
Der renommierte Jurist, der unter anderem an der slowenischen Verfassung mitgearbeitet hatte, kam bei der Parlamentswahl 2014 als neues Gesicht in die Politik. Gegen Korruption und für den Wirtschaftsaufschwung wollte er arbeiten, und zumindest was die ökonomische Entwicklung betrifft, ist Cerar das auch gelungen: Sloweniens Wirtschaft wächst stärker als im EU-Schnitt. Exporte, privater Konsum und Bauwirtschaft erleben seit geraumer Zeit ein Hoch.
Warum Cerars Wiederwahl trotzdem unwahrscheinlich ist, führt der slowenische Journalist und Politikexperte Ali Zerdin auf mehrere Faktoren zurück. Zum einen habe der Rechtsruck auch Slowenien erreicht. Cerar habe während der Flüchtlingskrise zwar das Asylrecht verschärft und Stacheldraht an der Grenze zu Kroatien hochgezogen. Von rechten Wählern bekomme er dafür aber keine Unterstützung, zumal sein Herausforderer Janez Janša Migration zum Hauptthema seiner Wahlkampagne gemacht hat.
Außerdem habe Cerar weder eine Stammwählerschaft noch gehe er nach einer Legislaturperiode als Regierungschef weiter als Politik-Neuling durch. Das gereiche ihm zum Nachteil, denn „ein Teil der slowenischen Wählerschaft sucht die ganze Zeit neue Gesichter“, erklärte Zerdin kürzlich bei einer Veranstaltung des „Forum Journalismus und Medien“in Wien.
Als neues Gesicht konnte sich hingegen Marjan Šarec erfolgreich positionieren, obwohl der Komiker und Kabarettist seit 2014 als Bürgermeister in der nordslowenischen Kleinstadt Kamnik politisch aktiv ist. Nationale Aufmerksamkeit erlangte er, als er 2017 bei der Präsidentschaftswahl kandidierte. In Umfragen liegt er derzeit auf dem zweiten Platz hinter Janša .
Laut Politikbeobachter Zerdin fehlt Šarec allerdings ein klares Konzept. Das spiegle sich auch in seiner Liste. Einige Kandidaten stünden der liberalen Zentrumspartei von Cerar nahe, andere der konservativen Demokratischen Partei (SDS) Janšas .
Glaubt man den Prognosen, wird Janez Janšas Partei die Wahl gewinnen. Für den 59-Jährigen, der schon seit 1993 Parteichef der Konservativen ist, wäre es seine dritte Amtszeit als Premier nach 2004 und 2012. 2014 konnte Janša nicht antreten. Er saß wegen einer Schmiergeldaffäre hinter Gittern.
Um wieder an die Macht zu gelangen, versucht der Politik-Profi diesmal, Stimmung gegen Flüchtlinge zu machen. Obwohl selbst während der Flüchtlingskrise nur wenige Hundert Menschen in Slowenien Asyl beantragt haben und Asylberechtigte lediglich 18 Euro Taschengeld im Monat bekommen, rechnet Janšas Partei (wie andere rechte Kleinparteien) große Summen vor, die Asylbewerber die Slowenen kosten. Dabei werden sogar die Gehälter der Angestellten in Flüchtlingslagern einberechnet.
Wie erfolgreich diese Taktik sein wird, ist trotz der derzeit guten Umfragewerte Janšas kaum zu sagen. Viele sind noch unentschlossen. Zudem treten insgesamt 25 Parteien an. Ins Parlament einziehen wird nur, wer mindestens vier Prozent der Stimmen gewinnt. Beobachter schätzen, dass bis zu 20 Prozent der Stimmen, die an Kleinparteien gehen, im Endeffekt verpuffen könnten.
Sechs bis sieben Parteien dürften den Einzug schaffen. Neben jenen von Cerar, Janša und Šarec sind das die Demokratische Pensionistenpartei, die Sozialdemokraten, die Linke, die christdemokratische NSi und die Partei der ehemaligen Premierministerin Alenka Bratušek.