Aufstieg und Fall eines professionellen Dopingsünders
Tragische Figur oder eiskalt berechnender Betrüger? Stephen Frears’ Film über den Absturz der einstigen Rennradlegende Lance Armstrong bemüht sich um Antworten.
US-Radsportler Lance Armstrong gelingt eine schier übermenschliche Leistung: sieben Gesamtsiege bei der Tour de France. Journalist David Walsh vermutet freilich, dass Armstrong heimlich dopt. Der Spielfilm „The Program – Um jeden Preis“erzählt vom Aufstieg und Fall eines Idols, dessen Berühmtheit weit über seine Sportart hinausstrahlte. Ben Foster verkörpert überzeugend die Facetten eines schillernden Charakters.
180 Fahrer, 20 Etappen, über 4000 Höhenmeter auf den Bergetappen – das ist die Tour de France, das berühmteste Radrennen der Welt. 1993 nennt sie der junge USRadsportler Lance Armstrong eine „Reise der Schmerzen“. Kenner der Tour, darunter der englische Sportjournalist David Walsh, prophezeien Armstrong maximal den Gewinn eines Etappensiegs. Doch in den Jahren bis 2005 gewinnt Armstrong die Tour de France insgesamt sieben Mal. Walsh hat erhebliche Zweifel daran, dass es dabei mit rechten Dingen, das heißt, ohne illegales Doping, zugegangen ist.
Armstrong, der 1995 an Hodenkrebs im dritten Stadium erkrankt war und ihn nach einer OP und einer schweren Chemotherapie besiegen konnte, wird durch seine Tour-Siege zu einem international hofierten Sportidol und Medienliebling.
Er hat eine Stiftung aufgebaut, die sich um krebskranke Menschen kümmert, geheiratet und eine Familie gegründet. Alle Fragen von Journalisten nach illegalem Doping hat er verneint, er wurde auch nie durch eine positive Probe überführt.
Als die englische „Sunday Times“einen Artikel von David Walsh aufgrund von Informationen aus Armstrongs persönlichem Umfeld veröffentlicht, der Armstrong mit Blutdoping und dem Dopingmittel EPO in Verbindung bringt, wehrt sich Armstrong. Der Fall wird vor einem englischen Gericht verhandelt. Die Zeitung verliert den Prozess und muss dem Radsportler Schadenersatz zahlen.
Doch Armstrong sagt nicht die Wahrheit. Bereits in den 1990erJahren, zu Beginn seiner Karriere, hatte er den italienischen Dopingarzt Michele Ferrari aufgesucht. Beim ersten Anlauf schaffte es Armstrong nicht, von Ferrari in dessen „Programm“aufgenommen zu werden, doch nach seiner Krebstherapie ist es so weit: Regelmäßiges Blutdoping und der Betrug der Kontrolleure werden für Lance und sein Team Teil ihres Alltags.
Lance’ Abstieg beginnt im Jahr 2006. Floyd Landis, langjähriger Teamkollege von Armstrong und 2006 Sieger der Tour de France, wird positiv auf Testosteron getes- tet. Floyd droht auszupacken. Der fiktionale Film beruht auf David Walshs Buch „Seven Deadly Sins“. Hauptdarsteller Ben Foster hatte sich kaum mit Lance Armstrong beschäftigt, bevor er die Rolle des Radprofis annahm.
In der Zeit, in der Foster nach einem ersten Gespräch mit dem britischen Regisseur Stephen Frears („Gefährliche Liebschaften“, „The Queen“) auf das Drehbuch wartete, bereitete er sich intensiv vor. „Ich fing an zu lernen, wie ein Radfahrer denkt – und mit diesen seltsamen Schuhen ein Rennrad zu fahren.“
Das Dopingmittel EPO verhalf zu mehr Sauerstoff in den Lungen. Armstrong lernte schnell, dass mehr Sauerstoff bessere Chancen auf den Sieg bedeutet. Und so wurde aus dem Gewinner eines Tages- rennens der beste Bergfahrer der Welt. Aber Armstrong war vor allem ein Schummler – mit dem Trotzkopf eines kleinen Jungen und den Allüren eines Despoten.
Dabei zeichnet Hauptdarsteller Ben Foster den gefallenen Helden keineswegs als unmenschliches Monster – im Gegenteil. Auch wenn Lance Armstrong im Fortgang der Geschichte immer unausstehlicher wird, behält er menschliche Züge. Fosters Darstellung ist der emotionale Kitt. Wirklich unterhaltsam und spannend wird alles durch die Szenen hinter den Kulissen. Dort, wo die Dinge passiert sind, die nicht auf den Sportseiten standen.