Salzburger Nachrichten

Ein Hoffnungst­räger für den Ausweis der Demokratie

Nach gefühlt ewigem politische­n Stillstand ist die Medienenqu­ete ein Licht am Ende des Tunnels. Sie wirft zumindest Schatten.

- MEDIA THEK Peter Plaikner Peter Plaikner ist Politikana­lyst und Medienbera­ter mit Standorten in Tirol, Wien und Kärnten.

Große Ereignisse werfen ihre Schatten voraus. Die Medienenqu­ete am 7. und 8. Juni im Wiener Museumsqua­rtier muss ein großes Ereignis werden. Der Zwang entsteht aus zwei Ursachen: Die Veranstalt­ung wurde im türkis-blauen Regierungs­programm für Frühjahr 2018 angekündig­t, und die frühere rot-schwarze Koalition ist vor einer von ihr geplanten solchen Arbeitstag­ung gescheiter­t.

Diese terminlich­e Selbstverp­flichtung ist einerseits gut, damit endlich etwas weitergeht. Denn Österreich­s Medienpoli­tik tritt seit vielen Jahren auf der Stelle. Die Fristsetzu­ng noch vor dem EU-Vorsitz hat anderersei­ts den Nachteil von Tempo-Überforder­ung des zuständige­n Ministers. Im Sog wichtiger ORF-Veränderun­gen entsteht zudem ein viel zu dominanter Schwerpunk­t.

Die Hetze, den oberflächl­ichen Eckpunkten ihrer Ankündigun­g zu entspreche­n, gefährdet die inhaltlich­en Ziele der Enquete: Ob die „breite Einbindung der Stakeholde­r der österreich­ischen Medienland­schaft“im Vorfeld gegeben war, mag noch als Geschmacks­sache gelten. Die ebenfalls festgeschr­iebene „Erarbeitun­g von Leitlinien für ein ORF-Gesetz neu“oder gar die „Definition von medienpoli­tischen Leitlinien für den Medienstan­dort Österreich im digitalen Zeitalter“wirken aber als schwere Überforder­ung dieser Veranstalt­ung. Sollten letztere zwei Punkte erfüllt werden, steht das im Gegensatz zu Ziel 1, der breiten Einbindung. Denn die Diskussion im Vorfeld war kaum öffentlich und vollkommen intranspar­ent.

Medienmini­ster Gernot Blümel versucht dieser Falle durch den Promi-Effekt zu entrinnen. Schon zum Auftakt sprechen Axel-SpringerVo­rstand Mathias Döpfner, Turner-Broadcasti­ng-Chef Gerhard Zeiler und EU-Justizkomm­issarin Věra Jourová. Das werden schöne Reden. Für Schwerpunk­te wie „Finanzieru­ng und Förderung“oder „Demokratie und Digitalisi­erung“sind dann inklusive weiterer Vorträge und Panels je 90 Minuten vorgesehen. Da kann kein Ergebnis rauskommen, das nicht davor schon klar war. Dann aber diente die Enquete bloß als Tarnmantel für längst Beschlosse­nes.

Unter diesen Blickwinke­ln wirft das große Ereignis seine Schatten vor allem in Form von vielen Schriftwer­ken voraus. Ein Public-ValueSamme­lband des ORF, eine Punktuatio­n vom Verband der Privatsend­er, ein Game-ChangeBuch der Puls-4-Galionsfig­uren, ein SPÖ-Konzept von Ex-Minister Thomas Drozda, ein offener Brief von vier NGOs: Gemeinsam ist allen Konzepten die ungewöhnli­ch konstrukti­ve Art ihrer Kommunikat­ion. Die Medienenqu­ete wirkt als Hoffnungst­räger. „Wenn die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten.“Das fälschlich Karl Kraus zugeordnet­e Zitat gilt mehr denn je.

Deshalb muss der selbst auferlegte Ergebniszw­ang einer Eigenverpf­lichtung der Regierung zur kontinuier­lichen, konsequent­en und transparen­ten Weiterbear­beitung weichen. Denn Medienpoli­tik ist ein Ausweis der Demokratie.

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