DIE ILLUSTRIERTE KOLUMNE
Die Welt ist grausam und überrascht uns immer wieder mit Unerwartetem. Die Stürme des Lebens wechseln mit Dürre, Schönwetter folgt Schönstwetter. Manchmal ist es nur bedeckt. Unser Dasein ist existenzielle Meteorologie. Die Metaphorik in philosophischen Zirkeln spricht von Wärme und Kälte, Trübe und Klarheit und meint doch nur Denkfiguren. Wir können uns dem Wetter nicht entziehen. Körperlich nicht, geistig nicht. Das Wetter belastet uns mit Auslenkungen, wir antworten mit Husten und Heiserkeit, Fieber und Flecken, Schweiß und Schmerz. Die Sprache der Scholaren hat die Antworten unserer Physis auf die Fragen des Wetters noch nicht aufgenommen. Es bleibt der Satire vorbehalten, vom Husten der Argumente zu sprechen, Heiserkeit in der Erkenntnisdarstellung zu diagnostizieren, Fieber und Flecken festzustellen, wo dämmernd formuliert wurde und der Ton inkonsistent wurde.
Wer heilt, hat recht, sagen die Mediziner (auch die guten), sobald die Alternative besser greift als das Probate. Das hat die Konjunktur faktenferner Heilung in größerem Ausmaß befördert, als uns recht sein sollte. Wir schwören auf Hausmittel, Biotinkturen, das Wissen der Alten, der Druiden, Schamanen, Hexen, Naturvölker. Ein wiederkehrendes Remedium ist das Allheilmittel. In der Regel wirkt es durch Wirkungslosigkeit. Im Zweifelsfall fördert es „Selbstheilungskräfte“und „natürliche Resonanz“. Das Gesagte lässt sich auf sämtliche Aspekte des politischen Handelns in diesem Land anwenden. Beliebte Allheilmittel: das Zerreden, der Wickel, der kalte Anschlag.