Elf Vorschläge
Von schicker Menschenverachtung und altmodischer Nächstenliebe.
für innovative Kapellen. Der Vatikan ist heuer erstmals mit einem Pavillon auf der ArchitekturBiennale zu Gast.
Regisseur Wim Wenders hat einen Film über den Papst gedreht. Um genau zu sein: Er hat einen Film mit dem Papst gedreht. Stundenlang hat er mit dem Papst geredet. Da könnte man dem Papst viele kritische Fragen stellen. Der Mann steht einer Organisation vor, in der Machtmissbrauch durchaus eine gewisse Tradition hat. Aber was hat er, der eine Papst, den irgendwie eh alle mögen, jetzt damit zu tun? „Ich hätte auch kritisch sein können“, sagt Wim Wenders und dann sagt er: „Ich mache aber Filme, weil ich etwas mag, das möchte ich rüberbringen.“Wenders also ist dafür. Das war er auch schon damals bei „Buena Vista Social Club“. Da hätte er auch Kuba kritisieren können, aber er entschied sich, die Musik zu lieben und zu feiern. Und jetzt ist er für den Papst. Das ist so ungewöhnlich wie wunderbar. Einer mag etwas, steht dazu und zeigt es auch.
Ich bin etwa auch ganz brutal dafür, dass man dagegen sein muss, wenn die simpelsten Regeln des Zusammenseins missachtet werden. Die simpelsten Regeln sind festgeschrieben. Sie heißen „Menschenrechte“. Und das simpelste Gesetz darin heißt, dass man den Nächsten lieben sollte wie sich selbst. Aber es erzeugt das Dagegensein halt oft eine beson- dere Energie. Wer für etwas Leidenschaft empfindet, wird schneller kritisiert als jemand, der kalkuliert jedes Risiko abschwächt, um bloß nicht angreifbar zu werden. Wenders macht das anders. Er ist halt kein Politiker.
Also ließ Wenders Papst Franziskus über Themen reden, die ihm wichtig sind. Und wohl sind sie auch Wenders wichtig. Und je länger man zuhört, desto deutlicher muss werden: Idealerweise wären diese Themen allen wichtig. Weil der Papst offensichtlich einen wachen Blick auf die Welt hat, spricht er Dinge an, die anderswo unter den Teppich sogenannter Sachzwänge gekehrt werden, oder die nicht so gut in die Finanzweltgewinnsucht passen, oder die im Diktat der Wirtschaft das Ausbeutertum stören, oder deren Aufgreifen – wie man sagt – politischer Selbstmord wäre. Wer, wie die meisten Politiker der Gegenwart, nämlich zunächst Angst verbreitet, um dann harte Sicherheitskonzepte zu fordern, hat die Leute leicht auf seiner Seite. Dann werden Wahlen gewonnen. Wer, wie der Papst in diesem Film, ernsthaft Gründe für die Armut anspricht, den Ausgegrenzten helfen will und dabei dennoch das Lächeln der Zuversicht behält, wird als Träumer gebrandmarkt und als altmodisch abgestempelt. Aber lieber altmodisch weltverbessernd im Papstkleid als schick menschenverachtend im Slim-Fit-Anzug.