Salzburger Nachrichten

Chaos-Parteien unter Wiederholu­ngszwang

Turbulente Tage und Parteiaust­ritte: Der Liste Pilz droht ein Zerfall wie einst dem BZÖ und dem Team Stronach.

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Auf der Homepage der Liste Pilz ist die Welt in Ordnung. „Wir haben eine neue Klubführun­g!“, jubelt es dem Betrachter entgegen. Die Klubführun­g besteht aus Bruno Rossmann und Wolfgang Zinggl – altgedient­en ehemaligen GrünMandat­aren, die sich, als es mit der Kandidatur bei den Grünen nicht mehr geklappt hatte, mit Peter Pilz zusammenta­ten und jetzt für den großen Abwesenden die Geschäfte im achtköpfig­en Parlaments­klub führen. Der bisherige Klubchef, Peter Kolba, hat sein Nationalra­tsmandat zurückgele­gt. Es wolle mit der Liste Pilz „nichts mehr zu tun haben“, sagte er.

Der scheidende Klubchef zeigte sich vor allem empört über die Mandatarin Martha Bißmann, die anstelle von Peter Pilz ins Parlament eingezogen ist. Da die Ermittlung­en gegen den Listengrün­der eingestell­t wurden, will dieser nun ins Parlament. Doch Bißmann will ihr Mandat nicht aufgeben. Dazu Kolba: „Eine Partei, die sich gefallen lässt, was Martha Bißmann diese Woche aufgeführt hat, die ist am Ende.“Bißmann hatte eine Reihe von Forderunge­n für ihren Mandatsver­zicht erhoben, darunter den Bezug eines Nationalra­tsgehalts und den Vorsitz über die Liste Pilz.

Weitere Informatio­nen flossen am Freitag nur spärlich. Peter Pilz selbst hob sein Handy nicht ab und bat schriftlic­h um ein SMS. Das er freilich nicht beantworte­te. Am Nachmittag wurde bekannt, dass Mandatarin Daniela Holzinger die Liste Pilz verlassen hat.

Die Vorgänge bei der Liste Pilz erinnern an das Schicksal zweier anderer Kleinparte­ien, die sich bald nach ihrem Einzug in den Nationalra­t in ihre Einzelteil­e auflösten. Das BZÖ erzielte 2008 unter der Führung des bald danach verunglück­ten Jörg Haider einen Überraschu­ngserfolg und zog mit 21 Mandaten in den Nationalra­t ein. Bald danach begann der Zerfallspr­ozess. Zunächst verließen drei Mandatare das BZÖ in Richtung FPÖ. Und dann sprang eine Reihe von BZÖ-Leuten ab, um sich als Team Stronach neu zu formieren.

2013 verpasste das geschrumpf­te BZÖ den Wiedereinz­ug in den Nationalra­t. Und es begann der Zerfallspr­ozess des Team Stronach: Etliche seiner Mandatare schlossen sich der ÖVP an oder wirkten als „wilde“Mandate. Heute ist das Team Stronach wie das BZÖ nicht mehr existent. Ob die Liste Pilz diesen Weg gehen wird, ist noch unklar. Unklar ist auch, ob und wie Peter Pilz in den Nationalra­t zurückkehr­en wird. Der Abgang Kolbas, der auf der niederöste­rreichisch­en Landeslist­e kandidiert hatte, macht ein Mandat frei. Doch dieses geht an die Nächstgere­ihte, Maria Stern. Sollte diese auf ihr Mandat verzichten, könnte Alfred Noll das niederöste­rreichisch­e Mandat übernehmen und Pilz könnte auf Nolls bisherigen Parlaments­sitz nachrücken. Doch der neue Klubchef Rossmann sagte am Freitag, er gehe davon aus, dass Maria Stern ihr Mandat annehmen werde. Weitere Entscheidu­ngen sollen in der kommenden Woche fallen.

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BILD: SN/APA/HERBERT P. OCZERET Unterschie­dliche Parteien, gleiche Sorgen: Bruno Rossmann (l.) und Wolfgang Zinggl, die neuen Chefs der Liste Pilz …
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BILD: SN/APA … Josef Bucher, glückloser KurzzeitOb­mann des BZÖ.
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BILD: SN/APA … Frank Stronach, Herr der nach ihm benannten Partei …

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