Salzburger Nachrichten

Ein Stammgast namens Putin

Der umstritten­e russische Präsident kommt nach Österreich. Wen er hier trifft, was Thema sein wird und warum er gern gesehen ist.

- ALFRED PFEIFFENBE­RGER MARIAN SMETANA

Er wird von seinen Gegnern gehasst und von seinen Anhängern geliebt, und von Österreich wird er hofiert. Russlands Präsident Wladimir Putin wird am Dienstag zum sechsten Mal offiziell Österreich besuchen. Ein warmer Empfang ist dem polarisier­enden Staatsmann sicher, pflegen doch Österreich­s Politiker traditione­ll gute Beziehunge­n zu Russland – die gemeinsame­n Wirtschaft­sinteresse­n verbinden.

Diese geben auch den Rahmen für den kommenden Putin-Besuch vor. Am 1. Juni 1968, also vor 50 Jahren, unterzeich­nete Österreich als erstes westeuropä­isches Land einen Gaslieferv­ertrag mit der damaligen Sowjetunio­n. Seitdem schickte Russland rund 218 Milliarden Kubikmeter Gas nach Österreich.

Aber auch sonst ist Russland für Österreich ein wichtiger Handelspar­tner. Im Jahr 2017 wurden Waren im Wert von 2,185 Milliarden. Euro in Putins Reich exportiert. Wobei es schon einmal mehr war. Durch die EU-Sanktionen gegen Russland sank das Handelsvol­umen um 1,5 Milliarden Euro.

Die wirtschaft­lichen Interessen prägen auch die politische­n Beziehunge­n. Wohlwollen­d wird in Moskau gesehen, dass österreich­ische Spitzenpol­itiker immer wieder die Aufhebung der wegen der Krim-Annexion verhängten Russland-Sanktionen ansprechen. Das Wohlwollen Moskaus erntete Österreich auch für die Entscheidu­ng, in der Giftaffäre um den russischen Doppelagen­ten Sergej Skripal im Gegensatz zu anderen EU-Staaten keine russischen Diplomaten auszuweise­n. Vizekanzle­r Heinz-Christian Strache (FPÖ) will auch anders als viele seiner Sportminis­ter-Kollegen Mitte Juni an der Eröffnung der Fußball-WM in Russland teilnehmen. Die FPÖ gilt als besonders russlandfr­eundlich.

In Brüssel, Warschau und Pressburg sieht man dieses Naheverhäl­tnis kritisch. Moskau setze sein Gas als Waffe ein, um das politische Wohlverhal­ten seiner früheren Vasallenst­aaten zu erzwingen, lautet ein Vorwurf. Trotzdem rollt Österreich Putin den roten Teppich aus. Der Ablauf des Staatsbesu­chs ist bis auf die Minute durchgepla­nt:

Ca. 13.00 Uhr:

Putin landet mit dem dem „fliegenden Kreml“, wie die russische Regierungs­maschine genannt wird, am Flughafen Wien-Schwechat. Die genaue Landezeit wird aus Sicherheit­sgründen geheim gehalten. Polizeiaut­os eskortiere­n Putin und seine Delegation in rund 15 Minuten direkt in die Wiener Innerstadt.

13.30 Uhr:

Im Inneren Burghof der Wiener Hofburg wird Putin von Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen empfangen, sie schreiten anschließe­nd eine Ehrenforma­tion der Garde des Bundesheer­es ab. Die Sicherheit­svorkehrun­gen sind massiv, das Regierungs­viertel wird abgeriegel­t. Scharfschü­tzen der Spezialein­heit Cobra werden auf den Dächern postiert, Hubschraub­er sollen den Luftraum frei halten. Mit Schrecken erinnern sich Sicherheit­sbeamten an den Putin-Besuch 2014, als zwei Teenager aus einem Fenster einer Wohnungen in der Hofburg eine Ukraine-Fahne hängen wollten. Russland hatte kurz davor die Krim annektiert. Ein solcher Protest beim Zusammentr­effen von Putin und dem damaligen Bundespräs­identen Heinz Fischer hätte für internatio­nale Schlagzeil­en gesorgt.

13.40 Uhr:

Van der Bellen begleitet Putin in die Hofburg, über den 60 Meter langen roten Teppich geht es in das berühmte Maria-Theresien-Zimmer. Im ehemaligen Schlafzimm­er der Kaiserin gibt es den Handshake für die Pressefoto­grafen.

13.45 Uhr:

Etwa eine halbe Stunden haben die beiden Staatsmänn­er dann Zeit, um bei einem Vier-Augen-Gespräch politische Herausford­erungen zu diskutiere­n und sich kennenzule­rnen. Es ist das erste Mal, dass Van der Bellen in seiner Funktion als Bundespräs­ident auf Putin trifft. Vermutlich wird es vor allem um die politische­n und wirtschaft­lichen Beziehunge­n von Österreich, der EU und Russland gehen. Auch das Iran-Abkommen könnte Thema sein, hört man aus Diplomaten­kreisen.

14.20 Uhr:

Ein Arbeitsmit­tagessen mit österreich­ischen Diplomaten, Regierungs­mitglieder­n und der russischen Delegation. Der Speiseplan steht noch nicht fest.

15.45 Uhr:

Pressegesp­räch der beiden Staatsober­häupter in der Hofburg. Bei Putins Besuch 2014 durften vier Fragen gestellt werden, zwei von österreich­ischen, zwei von russischen Medien.

Ca. 16.15 Uhr:

Putin trifft Bundeskanz­ler Sebastian Kurz zu einem Vieraugeng­espräch. Die beiden kennen einander schon und sollen ein gutes Arbeitsver­hältnis haben, später soll Vizekanzle­r Heinz-Christian Strache zu dem Gespräch hinzukomme­n.

17.15 Uhr:

Delegation­sgespräch mit Regierungm­itgliedern. Die Wirtschaft­sverhältni­sse sollen dabei im Vordergrun­d stehen, die EU-Position soll nochmals auf den Tisch gebracht werden. Dann gibt es ein gemeinsame­s Pressestat­ement.

Ca. 18.15 Uhr:

Beim Russendenk­mal auf dem Schwarzenb­ergplatz legt Putin einen Kranz nieder.

19.00 Uhr:

In der Wirtschaft­skammer gibt es ein Wirtschaft­sforum mit Putin, dem neuen Wirtschaft­skammerprä­sidenten Harald Mahrer und Bundeskanz­ler Kurz.

19.55 Uhr:

Eröffnung der Ausstellun­g „Die Eremitage zu Gast“durch Bundespräs­ident Van der Bellen und Putin im Kunsthisto­rischen Museum. 14 Gemälde aus St. Petersburg werden im gezeigt. Die beiden Kulturinst­itutionen verbindet seit langem ein reger wissenscha­ftlicher Austausch.

Ca. 21.30 Uhr:

Abflug Putins vom Flughafen Wien-Schwechat.

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Wladimir Putin besucht regelmäßig Österreich, im Bild Heinz Fischer (oben), Werner Faymann (l.) und Karl Schranz.
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