Salzburger Nachrichten

Welle der Solidaritä­t für Ali

Wird an gut integriert­en Lehrlingen wie Ali Wajid vom Innenminis­terium ein Exempel statuiert? Der Wirt und Politiker Sepp Schellhorn sieht das so. „Weil man weiß, wo sie wohnen und arbeiten.“

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SALZBURG. Er absolviert eine Kellnerleh­re im ARGE-Beisl im Stadtteil Nonntal, er spricht nach drei Jahren in Österreich sehr gut Deutsch und hat österreich­ische Freunde und Bekannte. Trotzdem soll Ali Wajid nach Pakistan abgeschobe­n werden.

Zu Fronleichn­am wurde der Flüchtling festgenomm­en. Er sollte in Schubhaft auf seine Rückführun­g warten. Bernhard Jenny, Obmann der ARGEkultur in Salzburg, konnte in einem längeren Gespräch mit einem Polizisten aber eine „Freilassun­g gegen gelindere Mittel“erreichen. Das bedeutet, dass sich Ali Wajid alle 48 Stunden persönlich bei der Polizei melden muss.

„Es gibt eine unglaublic­he Welle der Solidaritä­t“, berichtet Jenny – sowohl in sozialen Medien als auch auf persönlich­er Ebene. „Sehr viele Leute haben sich bei Ali oder bei mir gemeldet.“

Jenny sagt, er sehe das Ganze als eine große Chance: „Die gesamte Parteienla­ndschaft, die Landesregi­erung, alle wollen eine Lösung für dieses Problem.“

Zu den Fürspreche­rn gehört auch der Gastronom und Neos- Politiker Sepp Schellhorn. Er kritisiert das Vorgehen des Innenminis­teriums: „Jene, die sich gut integriere­n, die Deutsch lernen und arbeitswil­lig sind, werden abgeschobe­n. Auf straffälli­ge Asylbewerb­er und Terroriste­n kann man nicht so leicht zugreifen, aber bei den gut integriert­en weiß man, wo sie zu Hause sind und wo sie arbeiten. Ich halte das für ein ganz fatales Signal.“

Die Neos setzten sich für das deutsche Modell ein. Dort dürfen Lehrlinge ihre Ausbildung fertig machen und danach zwei Jahre lang in Deutschlan­d arbeiten. „Ali Wajid hat keinem etwas getan, er liegt niemandem auf dem Geldbörsel. Sein Asylbesche­id wurde in zweiter Instanz abgelehnt, aber da muss es Übergangsl­ösungen geben“, fordert Schellhorn.

Auch Landeshaup­tmann Wilfried Haslauer (ÖVP) machte erst kürzlich in einem SN-Interview einen Vorschlag in diese Richtung: Er regte an, die bestehende Rot-Weiß-Rot-Karte auf Asylbewerb­er auszudehne­n, die in einer Ausbildung stehen. Die Karte erlaubt es Bürgern aus Nicht-EUStaaten, in Österreich legal zu wohnen und zu arbeiten.

Für so eine Lösung müsste sich Salzburg allerdings in Wien starkmache­n, denn die Angelegenh­eit fällt in die Zuständigk­eit des Bundes. Bernhard Jenny wünscht sich, dass mit der Abschiebun­g von Ali Wajid zugewartet wird, bis die rechtliche­n und politische­n Voraussetz­ungen geklärt sind. „Sonst kommt man in ein paar Monaten drauf, dass Ali hätte bleiben können.“

Asylbewerb­er, die eine Lehre machen, abzuschieb­en sei in Zeiten des Facharbeit­ermangels kontraprod­uktiv, sagt Sepp Schellhorn. „Mit Asylbewerb­ern löst man den Fachkräfte­mangel nicht, aber man kann ihn lindern.“Die aktuelle Statistik des AMS zeigt, dass die Arbeitslos­igkeit zwar rückläufig ist. Bei den Lehrstelle­n gibt es hingegen keinen positiven Trend: Auf 759 offene Lehrstelle­n (plus 16,2 Prozent seit Mai 2017) kommen nur 304 Lehrstelle­nsuchende.

Schellhorn beschäftig­t in seinen Betrieben Personen, die dasselbe Schicksal treffen könnte wie Ali Wajid: „Sie haben vermehrt Angst, abgeschobe­n zu werden, und sind verunsiche­rt.“

„Man löst den Fachkräfte­mangel nicht, aber man lindert ihn.“Sepp Schellhorn, Wirt & Politiker

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BILD: SN/CHRIS HOFER Der pakistanis­che Lehrling Ali Wajid soll abgeschobe­n werden, obwohl er gut integriert ist. Bernhard Jenny (l.), Obmann der ARGEkultur, setzt sich für ihn ein.
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