Gegen Brasilien hat Foda ein Luxusproblem
Der österreichische Teamchef hat 26 Spieler zur Verfügung, die alle im Schlager gegen Neymar und Co. auf einen Einsatz brennen.
WIEN. Die Länderspiele im Juni hatten bei Österreichs Fußballspielern meist Beliebtheitswerte wie ein Zahnarztbesuch. Denn das hieß stets: Nach einer anstrengenden Saison noch einmal reinbeißen, während die Kollegen schon aus dem Urlaub grüßen. Potenzielle Hochzeitstermine verschieben. Und vielleicht manchmal auch eine Verletzung als Absagegrund vorschieben.
Zudem hat sich das Samba-Team zuletzt sehr stark präsentiert und zehn Spiele in Folge nicht verloren. Franco Foda zeigte sich nach ersten Videoanalysen beeindruckt: „Sie sind sehr dominant, auch im Ballbesitz.“Es wird also ein höchst reizvolles Aufeinandertreffen mit den Österreichern, die mit dem Selbstbewusstsein von zuletzt sieben Siegen in Serie, darunter gegen den Weltmeister Deutschland, ins Match gehen.
Bei den Gala-Auftritten gegen Russland und Deutschland kamen aus dem Riesenaufgebot die Torleute Cican Stankovic und Richard Strebinger sowie die Feldspieler Marvin Potzmann, Kevin Danso, Thomas Murg und Stefan Hierländer noch gar nicht zum Einsatz. Deni Alar, Xaver Schlager, Stefan Ilsanker und Moritz Bauer sammelten als Einwechselspieler in diesen Partien zumindest ein paar Minuten.
Franco Foda ist nun auch als Psychologe gefragt. Entweder muss er Schützlingen aus der zweiten Reihe schonend beibringen, dass sie beim aktuellen Lehrgang in drei Spielen ohne Einsatz in der Startelf bleiben werden – oder dem einen oder anderen Helden vom Klagenfurt-Spiel, dass er gegen Neymar und Co. zuschauen muss. Neben den Etablierten wie David Alaba und Marko Arnautovic empfahlen sich beispielsweise Florian Grillitsch, Alessandro Schöpf und Stefan Lainer nachdrücklich. Andererseits muss der Teamchef die vorletzte Testgelegenheit vor der UEFA Nations League im Herbst auch nutzen. Nur gegen Schweden steht am 6. September noch ein Freundschaftsspiel an, fünf Tage danach ist Bosnien-Herzegowina auswärts der erste Kontrahent in dem neuen Bewerb.
Gegen Brasilien aber im Tor mit einem Debütanten wie Stankovic oder Strebinger zu beginnen wäre ein Risiko. Und eine groß durchrotierte Elf zu präsentieren, wenn 48.000 Fans in Wien ein Fußballfest erwarten, kann sich Foda auch nicht leisten.
Möglicherweise liegt der Schlüssel in der Spielanlage des Gegners, die Foda bereits zerlegt hat: „Brasilien spielt unter dem neuen Trainer anders, sie sind extrem kompakt in der Defensive.“Nach Ballverlusten würden sich alle zehn Spieler schnell wieder zurückziehen und das eigene Tor verteidigen. Mitunter agieren alle zehn Feldspieler noch 30 Meter vor dem eigenen Gehäuse gegen den Ball. Dafür gilt es die richtigen Gegenspieler zu finden, um im zehnten Aufeinandertreffen mit Brasilien die Chance auf den ersten Sieg zu wahren.
In Bad Tatzmannsdorf steht heute, Mittwoch (17 Uhr), ein öffentliches Training auf dem Programm. Foda versammelt seine Mannschaft zur Vorbereitung bis Freitag im burgenländischen Teamquartier. Ein 25- bis 30-minütiger Videozusammenschnitt soll den ÖFB-Kickern Stärken und Schwächen der Brasilianer vor Augen führen.
Die Brasilianer, die zuletzt im Herbst 2014 in Wien einen 2:1-Sieg gefeiert haben, treffen am Freitagabend in Wien ein. Sie absolvieren vor ihrer WM-Generalprobe in Österreich aber nur eine Trainingseinheit – das Abschlusstraining am Samstagnachmittag im Ernst-Happel-Stadion. Unmittelbar nach dem Spiel geht es mit dem Flieger ins WM-Quartier nach Sotschi. Der Rekordchampion trifft in der WMGruppenphase auf die Schweiz (17. Juni), Costa Rica (22. Juni) und Österreichs Qualifikationsgegner Serbien (27. Juni).