Madrid bietet den Katalanen einen Dialog an
Der neue Premier Pedro Sánchez stellt größere Autonomierechte und einen gerechteren Finanzausgleich in Aussicht.
MADRID. Spaniens neuer sozialistischer Regierungschef Pedro Sánchez will keine Zeit verlieren und sich möglichst bald mit den katalanischen Separatisten an einen Tisch setzen. Regierungssprecherin Isabel Celaá bestätigte am Freitag, dass sich Sánchez „vermutlich vor dem Sommer“mit dem katalanischen Ministerpräsidenten Quim Torra zu direkten Gesprächen treffen wolle. Dabei sollen Positionen ausgetauscht, mögliche Lösungen des Katalonien-Konflikts ausgelotet und die angespannten Beziehungen „normalisiert“werden.
Das Thema Katalonien, bei dem die regierenden Separatisten die Unabhängigkeit der spanischen Region fordern, hatte am Freitag Priorität bei der ersten Kabinettssitzung der neuen spanischen Zentralregierung. Als erstes Zeichen für einen neuen Stil im Umgang mit Katalonien entschied das Kabinett, die bisherige finanzielle Kontrolle der katalanischen Regionalregierung aufzuheben. Seit Monaten mussten alle Ausgaben von Madrid genehmigt werden, um zu verhindern, dass öffentliche Gelder für illegale Schritte in Richtung Unabhängigkeit ausgegeben werden.
Eine erste Maßnahme der Vertrauensbildung – und wohl nicht die letzte. Spaniens Regierungssprecherin Celaá versicherte, dass Sánchez das Klima mit der katalanischen Regionalregierung, der seit Mitte Mai Quim Torra vorsteht, entspannen wolle. „Es ist dringend notwendig, einen Dialog mit Katalonien zu beginnen.“Celaá machte aber auch gleich klar, wo die Grenzen der Verhandlungsbereitschaft liegen:
Eine Unabhängigkeit Kataloniens, wie sie Torra und seine Gefolgsleute verlangen, wird es auch mit Spaniens neuer Sozialisten-Regierung nicht geben. Der Dialog müsse „mit der Verfassung in der Hand“geführt werden, sagte Celaá. Spaniens Verfassung sieht, ähnlich wie die Grundgesetze der meisten europäischen Staaten, die Abspaltung eines Territoriums nicht vor.
Der neue spanische Regierungschef Sánchez deutete bereits an, was er der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung anbieten könnte: eine größere Anerkennung des katalanischen Volks, das stolz auf seine eigene Geschichte, Identität und Sprache ist. Sánchez betonte: „Spanien ist eine Nation. Aber innerhalb Spaniens gibt es auch Territorien, die sich als Nation empfinden und die durchaus unter einem Dach leben können.“Mehr Autonomierechte, ein gerechterer Finanzausgleich, mehr Föderalismus und weniger staatliche Gängelung: Das sind die Rezepte, mit denen Sánchez versuchen will, die katalanische Regionalregierung zu besänftigen. Doch bis dahin dürfte es noch ein langer Weg sein.
Die harte Konfrontation zwischen Madrid und Barcelona hat in den vergangenen Monaten viel Misstrauen auf beiden Seiten hinterlassen. Zwischen dem früheren katalanischen Ministerpräsidenten Carles Puigdemont und Spaniens konservativem Ex-Regierungschef Mariano Rajoy war keine Annäherung möglich. Nun gibt es eine neue Chance. Spaniens neuer Premier Pedro Sánchez setzt auf eine Formel, die er zum Credo seiner Amtszeit machen will: „Zuhören, reden und zu Vereinbarungen kommen.“