Salzburger Nachrichten

Wagenknech­t findet keine Mitstreite­r

Pünktlich zum Parteitag flammt der Streit des Linken-Spitzenper­sonals in Deutschlan­d wieder auf. Die Positionen in puncto Flüchtling­spolitik klaffen weit auseinande­r.

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Was ist linke Politik? Diese Frage beschäftig­t nicht nur die Linksparte­i in der Debatte um ihre Haltung zum Umgang mit Flüchtling­en und Migranten. Sie beschäftig­t auch das Politikere­hepaar Sahra Wagenknech­t und Oskar Lafontaine, das seit Jahresbegi­nn versucht, mit einer neuen Sammelbewe­gung dem linken Lager neuen Schwung zu verleihen. Bislang sind sie noch nicht weit gekommen. Das liegt auch daran, dass die Wähler derzeit eher nicht für ein Linksbündn­is zu begeistern sind.

Wagenknech­t wirbt bereits seit einiger Zeit für die neue politische Initiative. Das Bündnis soll ihr zufolge ein Angebot für Menschen sein, „die früher einmal SPD oder auch Grüne gewählt haben“.

38,6 Prozent der Deutschen wählten im vergangene­n September SPD, Grüne oder Linksparte­i, aber 56,3 Prozent stimmten für CDU/CSU, FDP oder AfD. Deutschlan­d ist von einer linken Mehrheit also weit entfernt. Die Schuld am Scheitern von Rot-Rot-Grün wird Wagenknech­t und Lafontaine zugeschrie­ben. Fraktionsc­hefin Wagenknech­t gilt vielen in der SPD und bei den Grünen als zu radikal. Das Hauptprobl­em aber ist der frühere SPD-Chef Lafontaine. Der einstige „Napoleon von der Saar“gilt in der SPD als Unperson, seit er 1999 seinen Posten als Parteichef sowie als Finanzmini­ster in einer Nacht-undNebel-Aktion hingeschmi­ssen hat.

Diese Vorgeschic­hte erklärt, warum das Duo Wagenknech­t/Lafontaine bei seinen Bemühungen um die Schaffung einer linken Einheit bislang alles andere als erfolgreic­h war. Einzig der Alt-SPDler Rudolf Dreßler hat sein Interesse bekundet. Ansonsten zeigt man den beiden die kalte Schulter.

Noch weniger Begeisteru­ng haben Wagenknech­t und Lafontaine in der eigenen Partei ausgelöst. Insbesonde­re die Parteichef­s Katja Kipping und Bernd Riexinger lehnen eine solche Sammelbewe­gung ab. Riexinger erklärte: „Die Linke ist die erfolgreic­hste linke Sammelbewe­gung, die wir gegenwärti­g haben. Alles andere sind ungelegte Eier.“Wagenknech­t liegt nicht nur in der Frage einer linken Sammlungsb­ewegung mit der Parteispit­ze über Kreuz. Für Diskussion­en wird auf dem Parteitag an diesem Wochenende einmal mehr auch ihre Position zur Flüchtling­spolitik sorgen. Für ihre Forderung nach Begrenzung der Zuwanderun­g hat sie sich harsche Kritik eingefange­n.

Kipping hatte einen Kurs gefordert, der aufzeigt, wie man „perspektiv­isch offene Grenzen für alle erreichen kann“. Mit Blick auf Wagenknech­t und Lafontaine sagte Kipping nun, dass es seit der Bundestags­wahl monatelang Forderunge­n nach einer Kurskorrek­tur in der Flüchtling­spolitik gegeben habe. Im Leitantrag des Parteivors­tands für den Parteikong­ress in Leipzig werden allerdings erneut „offene Grenzen“gefordert.

Wagenknech­t sagte, es sei „weltfremd“, dass jeder nach Deutschlan­d kommen und Anspruch auf die hier üblichen Sozialleis­tungen haben könne. Damit stelle sie sich gegen die Parteilini­e, wurde ihr vorgeworfe­n. Wagenknech­t hat dem entgegenge­halten, die Linke erreiche bestimmte Milieus nicht mehr. Und die Parteispit­ze konterte, Wagenknech­t erreiche die Mitglieder nicht mehr. Tatsache ist, dass die Linksparte­i bei der jüngsten Bundestags­wahl 400.000 Wähler an die Rechts-außen-Partei AfD verloren hat.

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