„Trump light“gewinnt Wahl
Bitter für den liberalen Premier Justin Trudeau. Ein konservativer Populist gewann die Gouverneurswahlen in Kanadas bevölkerungsreichster Provinz.
Justin Trudeau hat in diesen Stunden alle Hände voll zu tun. Als Gastgeber des G7-Gipfels in Charlevoix sitzt er mit wichtigen Staats- und Regierungschefs an einem Tisch und versucht, dem krawalligen US-Präsidenten Donald Trump irgendwie die Stirn zu bieten. Doch mit einem Auge dürfte Trudeau nach Ontario geblickt haben. Denn in Kanadas bevölkerungsreichster und ökonomisch wichtigster Provinz mit der Metropole Toronto hat sich ein politisches Erdbeben ereignet, das für Trudeaus politische Zukunft entscheidend sein könnte.
Erstmals seit dem Aufstieg von Donald Trump ist nun auch im gemeinhin gemäßigten Kanada bei einer Wahl ein konservativer Populist in eines der höchsten Ämter des Landes aufgestiegen. Trudeaus liberale Schwesterpartei dagegen wurde bei der Provinzwahl in Ontario vernichtend geschlagen und nach 15 Jahren von der Regierungsbank und mit nur einer Handvoll Sitzen in die Opposition geschickt.
Gewonnen hat Doug Ford, der in Kanada wegen seiner populistischen Ziele auch „Trump light“genannt wird. Doug Ford ist der Bruder des verstorbenen ehemaligen Bürgermeisters von Toronto, Rob Ford, der 2013 weltweit wegen seiner Kokainskandale Schlagzeilen gemacht hatte. Auch Doug Ford wurden Verbindungen zum Drogenmilieu nachgesagt, was dieser allerdings bestritten hat.
Fords konservative Partei erreichte bei der Wahl am Donnerstag 40 Prozent der Stimmen und eine absolute Mehrheit der Sitze im Parlament in Toronto. Der Geschäftsmann – er ist in der Druckereibranche tätig – will ähnlich wie Trump Steuern auf breiter Front senken und den Klimaschutz zurückfahren. Außerdem will er die Ökoabgaben auf Strom und Benzin abschmelzen. Für Schlagzeilen sorgte auch sein Versprechen, den Preis für eine Flasche Bier durch Abbau von Bürokratie auf einen Dollar zu senken.
„Ontario ist wieder offen für Geschäfte. Hilfe ist auf dem Weg“, rief Ford bei seiner Siegesfeier in Toronto. Die Provinzen haben in Kanada weitreichende Kompetenzen und Ford hat sich im Wahlkampf als eine Art Gegenspieler zum liberalen Trudeau positioniert. Gepunktet hatte er vor allem im Speckgürtel von Toronto und auf dem Land. Dabei hatte er von einer weitverbreiteten Unzufriedenheit profitiert.
Ontarios Bürger erbringen etwa 40 Prozent der Wirtschaftsleistung Kanadas und machen rund ein Drittel der kanadischen Bevölkerung aus. In den letzten Jahren hatten sie allerdings mit exorbitant gestiegenen Immobilien- und Mietpreisen in und um Toronto, mit höheren Steuern und Abgaben sowie sehr hohen Energiekosten zu kämpfen. Ford hat in allen Bereichen schnelle Abhilfe versprochen.
Bei den vielen Zuwanderergruppen hatte er außerdem mit dem Versprechen geworben, die von der Regierung eingeführten liberalen Richtlinien zum Sexualkundeunterricht in Schulen rückgängig zu machen. Anders als Trump oder viele populistische Rechtsparteien in Europa hatte Ford allerdings nicht offen gegen Immigranten Stimmung gemacht, sondern um ihre Stimmen geworben.
Für Trudeau kommt die Wahl Fords zur Unzeit. Denn der im Ausland so beliebte Premier hat in Kanada zuletzt deutlich an Zustimmung verloren und ist in einigen Umfragen hinter die Konservativen zurückgefallen. Viele Kanadier werfen Trudeau Führungsschwäche vor. Für Spott sorgte zuletzt eine Indien-Reise, bei der er in farbigen Kostümen posierte, was als lächerlich empfunden wurde. In gut eineinhalb Jahren sind in Kanada Wahlen. Ontario und die Region Toronto gelten dabei als wahlentscheidend. Der unerwartet deutliche Sieg Fords zeigt, dass auch Kanada nicht immun ist gegen Populismus. Kommentatoren sprechen bereits von einem Trump-Effekt in Kanada.