Watschentanz bei den G7
Bis kurz vor ihrem Gipfel tauschten die Vertreter der G7-Staaten Unfreundlichkeiten aus. Der Streit mit US-Präsident Donald Trump überstrahlte die wichtigen Themen, die Kanadas Premier Trudeau auf die Agenda gesetzt hatte.
Gemessen daran, was sich die Staats- und Regierungschefs der sieben führenden Industrienationen (G7) wenige Stunden vor dem Treffen in einem Luxushotel am St.-Lorenz-Strom ausrichteten, waren die Töne der paar Hundert Demonstranten in der Provinzhauptstadt Quebec sehr friedlich. Für die vorerst letzte Provokation sorgte einmal mehr USPräsident Donald Trump. Er rief die G7 kurz vor Beginn des Treffens auf, Russland wieder an ihren Tisch zu bitten. Russland war vor vier Jahren nach der Annexion der Krim aus den G8 ausgeschlossen worden. Unterstützung für Trumps Vorstoß kam von Italien, der neue Ministerpräsident Giuseppe Conte teilte per Twitter mit: „Russland soll wieder in die G8. Das ist im Interesse aller.“In Moskau wurde der Vorschlag zurückhaltend aufgenommen. Ein Regierungssprecher sagte, man konzentriere sich auf andere Formate.
Zuvor hatten die Europäer klar- gemacht, dass sie sich Trump vereint entgegenstellen wollten. Nach Gesprächen mit Kanadas Premierminister Justin Trudeau rief Frankreichs Präsident Emmanuel Macron dazu auf, sich geschlossen der amerikanischen „Vormachtpolitik“zu widersetzen. „Dem amerikanischen Präsidenten mag es egal sein, wenn er isoliert ist – genauso wenig aber macht es uns etwas aus, eine Vereinbarung von sechs Ländern zu unterzeichnen, wenn die Notwendigkeit dazu besteht“, schrieb Macron auf Twitter. Und weiter: „Kein Anführer ist von Ewigkeit.“
Auch auf deutscher Seite war der Ton scharf. Außenminister Heiko Maas (SPD) sagte im Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“, es gebe Differenzen, „die können wir nicht mehr unter den Teppich kehren“. Trumps Nein zum Klimavertrag und Iran-Abkommen sowie die Zölle seien alles einseitige Entscheidungen zum Schaden Europas. Der US-Präsident nehme „bewusst in Kauf, dass die Nachteile sich unmittelbar in Europa auswirken“. Die europäischen Teilnehmer wollten vor Beginn des Gipfels ihre Strategie abstimmen. An dem von Macron angekündigten Treffen sollten Bundeskanzlerin Angela Merkel, die britische Premierministerin Theresa May, Italiens Regierungschef Conte sowie EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker und EU-Ratschef Donald Tusk teilnehmen. „Wir müssen uns organisieren und zusammenarbeiten“, sagte Macron. „Ich glaube an multilaterale Zusammenarbeit, und das erlaubt es uns, gegen Hegemonie zu kämpfen.“
Deutschland, Frankreich Großbritannien, Italien, Japan und die EU liegen mit den USA wegen der Alleingänge Trumps im Streit. Das reicht von den Sonderzöllen auf Importe aus Europa, Kanada, Mexiko und Japan über den Ausstieg aus dem Pariser Klimaschutzvertrag bis zum Atomabkommen mit dem Iran. Trump wies die Kritik via Twitter zurück: „Bitte sagt Premier Trudeau und Präsident Macron, dass sie die Vereinigten Staaten mit massiven Zöllen und anderen (...) Handelshemmnissen belegen.“Trumps Rechnung, wonach die EU gegenüber den USA einen Handelsüberschuss von 151 Milliarden US-Dollar ausweise, sei allerdings übertrieben, schrieb die „New York Times“. Beziehe man neben den Waren auch die Dienstleistungen ein, reduziere sich das Defizit auf 101 Mrd. Dollar. Gabriel Felbermayr, Handelsexperte des ifo-Instituts, kommt unter Verwendung von Daten des US-Handelsministeriums sogar auf einen Überschuss von 14 Mrd. US-Dollar für die USA. Einem Minus von 153 Mrd. Dollar in der Güterbilanz stehe ein Überschuss bei Dienstleistungen der New Economy und Primäreinkommen von 167 Mrd. Dollar gegenüber.
Das Treffen begann am frühen Abend Mitteleuropäischer Sommerzeit. Als erste Themen standen die Entwicklung der Weltwirtschaft, eine gleichmäßigere Verteilung des Wohlstands sowie die Zukunft der Arbeit auf der Gipfelagenda. Beim Abendessen sollte dann über eine friedlichere und sicherere Welt gesprochen werden.
Am Samstag wollten die G7-Länder dann über die Geschlechtergerechtigkeit und die Stärkung von Frauen, über den Klimawandel und saubere Energie und über die verschmutzten Ozeane sprechen. An diesen Beratungen nahm Trump allerdings gar nicht mehr teil. Er reiste von Kanada weiter nach Singapur, wo am Dienstag sein Treffen mit Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un stattfinden soll.
„Es gibt Differenzen, die wir nicht mehr unter den Teppich kehren können.“Heiko Maas, Außenminister