Sommerurlaub am Speicherteich
Die rund 500 Beschneiungsteiche in Österreichs Skigebieten werden zunehmend zu Sommerattraktionen – zum Planschen, für überschaubare Yachttörns oder auch als kunstvoll genutzte Oasen der Ruhe.
An der Bergstation erwartet den Besucher eine spiegelglatte Wasserfläche. Je nach Blickrichtung kann sie als magischer Vordergrund zu den Kitzbüheler Grasbergen oder den Felszacken des Wilden Kaisers gesehen werden. Um die Aussicht zu verändern, muss die körpergerechte Holzliege nur gedreht werden. Zwei dieser Liegen stehen am Teich, doch unter der Wasseroberfläche ist Getümmel zu entdecken. Neben einer schier endlosen Kaulquappenprozession sind zahlreiche große Regenbogenforellen zu sichten. Die Nutzung eines Beschneiungsteichs zur Fischzucht ist neu und in diesem Fall keine Gästeattraktion, sondern dem Bauern am Astberg vorbehalten.
Andernorts spielen die für die Schneesicherheit der Skigebiete geschaffenen Gewässer aktivere Rollen. „Am Scheffauer Beschneiungsteich sollten diesen Sommer jeweils dienstags und sonntags Segelyachttörns stattfinden“, erzählt der Prokurist der Bergbahn Scheffau, Andreas Haselsberger. Dass es noch nicht so weit ist, hat mit behördlichen Auflagen zu tun. So bedarf es zum Befahren des zwei Hektar großen Teichs eines Binnenschifffahrtpatents. Mit Hilfe des Yachtclubs soll diese Klippe nun umschifft werden. Dann wird es dort belebter – und auch am Astbergteich haben es die Fische nicht mehr lang ruhig. Am 1. Juli legen Bahn und Blattlalm mit dem Sommerbetrieb los.
Schon volle Action herrscht auf einem weiteren Beschneiungsteich der Skiwelt Wilder Kaiser. Der im Tal gelegene Ahornsee ist seit einigen Jahren der Badeteich der Region. „Mit einer Wasserfläche von über 10.000 Quadratmetern wird der Badesee im Winter zusätzlich als Beschneiungsteich für Hochsöll genutzt“, heißt es im Sommerprospekt. Doch die Frage nach Henne oder Ei beantwortet in diesem Fall die stattliche Wassertiefe von elf Metern.
Die Idee, einen Beschneiungsteich trotz der außerordentlichen Höhenlage von 1800 Metern als sommerliches Badeangebot zu nutzen, hatte man in Serfaus als Erstes. Die Hürden, die man dafür bewältigen musste, waren beachtlich. Einerseits muss im Winter die in Tirol geforderte Trinkwasserqualität gegeben sein, andererseits erfordert die Badeerlaubnis auch eine Aufsicht während der Öffnungszeiten.
Der Högsee von Serfaus hat eine Vorreiterrolle für die Sommernutzung der Speicherteiche eingenommen. Es muss aber nicht überall, so wie dort, gleich ein kompletter Erlebnispark sein: Für die jüngsten Gäste wurde ein Flachwasserbereich zum Spielen angelegt, andere sind auf dem Floß oder im Tretboot unterwegs. Wer es ganz gemütlich mag, nutzt die Badestege oder die schwimmende Insel zum Sonnenbaden.
Der hochalpine Badebetrieb kommt in Mode, etwa auch am Kärntner Nassfeld. 1,5 Kilometer lang ist der Aqua Trail, ein Erlebnisweg, in den auch der Beschneiungsteich eingebunden ist. Neben einem Picknickplatz am Speicherteich überrascht auf 1900 Metern Seehöhe ein echtes Segelboot. Trotz der neuen Möglichkeiten versuchen es die 205 österreichischen Seilbahnen mit Sommerbetrieb bei den Wasserspielen nicht zu übertreiben. Überwiegend werden Rastplätze und Bänke an die frisch gewonnenen Wasserflächen platziert und mit etwas Abstand davon die Kinderspielparadiese.
„Wir haben am mittleren Speicherteich Wasserspiele, auch eine kleine Insel zum Begehen – aber vorwiegend ist der gesamte Bereich eine Wohlfühlzone für alle“, sagt der Geschäftsführer der Leoganger Bergbahnen, Kornel Grundner. 2017 hatte man für die „Tonspuren“eine Seebühne am oberen Beschneiungsteich gebaut, dieses Jahr muss die ausgezeichnet besetzte Musikreihe auf dem Asitz auf festem Boden programmiert werden. Beim Teich laufen nämlich Bauarbeiten.
Leogang war nicht allein, auch anderswo werden die Teiche immer wieder für Musikevents genutzt. So gondelte Hansi Hinterseer bei einer seiner denkwürdigen Massenwanderungen in Kitzbühel singend über den Ehrenbachsee.
Nennt schon Leogang sein Angebot „Stille Wasser am Asitz“, so haben die Beschneiungsteiche der Schmitten einen noch ruhigeren Auftritt. Speziell gilt das für den Speichersee am Hirschkogel, der abseits aller Wanderwege ruht. Während der Speichersee nicht nur von zahlreichen Werken der „Kunst am Berg“-Symposien umgeben ist, sondern die „Zelle am See“sogar den Teich ziert. Nur am Plettsaukopf ist Action angesagt, wenn der im See schwimmende Schmidolin das beliebte Ziel fürs Wasserspritzen abgibt.
„Das Leben an den Beschneiungsteichen unterstreicht die Vielfalt der Sommerbergbahnen“, sagt die Sprecherin der Gruppe der „Besten Österreichischen SommerBergbahnen“, Maria Hofer. Mit 191,4 Millionen Euro trage der Sommerbetrieb mittlerweile ein Zehntel zum Jahresumsatz bei. Wobei Hofer als Marketingchefin vom Kitzsteinhorn auf die spezielle Nutzung des Beschneiungssystems „ihrer“Kapruner Gletscherbahnen verweist. Das Kleinkraftwerk Grubbach fungiert als Pumpwerk für das Beschneiungswasser im Winter, ab Mai nutzt die Turbine das Schmelzwasser zur Stromproduktion und erzeugt so einen großen Anteil jener Strommenge, die im Winter für die Beschneiung benötigt wird.
„Der Teich ist Wohlfühlzone für alle.“Kornel Grundner, Leoganger Bergbahnen