Nostalgie mit Villeneuve und Neues
Als Bernie Ecclestone fast 40 Jahre lang der „Mister F1“war und in Alleinherrschaft regierte, wurde die Kritik an ihm, seiner Lustlosigkeit zu Neuerungen und seinem starren Ausharren auf Althergebrachtem zuletzt immer häufiger. Nun sind in der zweiten Saison die medien- und marketingorientierten Manager von Liberty am Ruder, und es scheint, als würden sie in einer Art Sprint eine Neuerung bringen, noch bevor die vorherige halbwegs beim zahlenden Publikum angekommen ist.
Nächste Folge dieser Saga: In Übereinstimmung mit dem Weltverband FIA wird das Prozedere vor dem Start schon an diesem Sonntag im Grand Prix von Kanada wieder geändert. Der FIAWeltrat stimmte diese Woche zu, dass die Schließung der Boxenstraße früher als bisher erfolgt, damit die Fahrer vor der Hymnen-Zeremonie rund zehn Minuten länger in der Startaufstellung für Interviews zur Verfügung stehen.
Der GP in Montréal wird dem Ferrari-Team wohl lang in Erinnerung bleiben. Erstens wegen einer Blamage sondergleichen. Denn: Können Sie sich vorstellen, die Salzburger Festspiele stellen eine Vorschau in die sozialen Netzwerke und zeigen dabei z. B. das Wiener Riesenrad? Oder das Oktoberfest in München, das mit dem Hamburger Fischmarkt wirbt? Absolut unmöglich. Kein Problem jedoch für die Scuderia Ferrari, die als Vorschau auf den kanadischen GP Aufnahmen online stellte, die Torontos Wahrzeichen, den CN Tower, das Rogers Stadium der Blue-Jays-Baseballer und den Lake Ontario, zeigten. Was eine Flut hämischer Reaktionen im Netz auslöste. Wer jemals in den beiden kanadischen Metropolen war und deren Rivalität (nicht nur im Eishockey) kennenlernte, der kann abschätzen, was die schmerzbefreiten Italiener da anrichteten. Der zweite Grund hat mehr mit Ehrerbietung zu tun: Vor der Fahrerparade wird Jacques Villeneuve (47), der Weltmeister von 1997, eine Ehrenrunde im Ferrari 312T3 drehen, den sein Vater Gilles 1978 auf dieser Strecke zum Sieg pilotierte. Das wird dem kanadischen Publikum nicht nur wegen alter V12-Sounds wohl mehr gefallen als der Auftritt des „Lokalmatadors“Lance Stroll im Williams – wie immer dieser ausfallen mag.