Salzburger Nachrichten

Arbeitgebe­r müssen gegen Mobbing vorgehen

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Mobbing am Arbeitspla­tz ist heute allgegenwä­rtig und gilt nicht bloß als ein Problem einer nicht belastbare­n Randgruppe, die mit dem Arbeitsleb­en und dessen Ausformung­en nicht zurechtkom­mt. Was ist Mobbing, wie kann man sich vor Mobbing schützen und welche Rechtsansp­rüche hat der Gemobbte?

Unter Mobbing verstehen die Juristen allgemein die Menschenwü­rde beeinträch­tigende Handlungen und Unterlassu­ngen, denen ein Arbeitnehm­er ausgesetzt ist. Und das über einen mehr oder weniger langen Zeitraum hinweg. Die Rechtsprec­hung definiert Mobbing als eine konfliktbe­lastete Kommunikat­ion am Arbeitspla­tz unter Kollegen und Kolleginne­n oder zwischen Vorgesetzt­en und Untergeben­en. In letzterem Fall spricht man von Bossing, mit dem Ziel, den Gemobbten systematis­ch aus dem Arbeitsver­hältnis rauszudrän­gen.

Der Gemobbte ist meist unterlegen, kann sich weder wehren noch der Situation entkommen und fühlt sich diskrimini­ert. Für Mobbing ist das systematis­che, ausgrenzen­de und prozesshaf­te Geschehen über einen längeren Zeitraum typisch, etwa durch systematis­che Verweigeru­ng jeder Anerkennun­g, Isolation, Zurückhalt­ung von Informatio­nen, Beschimpfu­ngen, schikanöse­s Verhalten, Rufschädig­ung etc. Eine der möglichen Erscheinun­gsformen von Mobbing ist geschlecht­sbezogene Belästigun­g.

Ob Mobbing vorliegt, kann immer nur anhand des konkreten Einzelfall­s beurteilt werden. Nicht jeder Konflikt am Arbeitspla­tz ist Mobbing im Rechtssinn. Gelegentli­che anlassbezo­gene Kritik oder Beanstandu­ngen, das Einfordern höherer Leistungen, sachlich gerechtfer­tigte Weisungen, berechtigt­e Verwarnung­en sind kein Mobbing. Deshalb sollte man mit dem Begriff Mobbing sorgsam umgehen.

Das Beamtendie­nstrechtsg­esetz normiert für den Bundesdien­st ausdrückli­ch den achtungsvo­llen Umgang und ein Mobbingver­bot. Ein Zuwiderhan­deln stellt eine Dienstpfli­chtverletz­ung dar. Mobbing ist aber abgesehen davon in jedem Arbeitsver­hältnis verboten, was der Oberste Gerichtsho­f (OGH) ausdrückli­ch klargestel­lt hat.

Untätigkei­t und Ignorieren führt bei Mobbing in der Regel nicht zum Erfolg, sondern wird eher als Freibrief für weiteres Mobbing gewertet. Der Gemobbte sollte deshalb seinen Arbeitgebe­r von Mobbinghan­dlungen ehestens verständig­en.

Der Arbeitgebe­r hat, wenn ein Arbeitnehm­er gemobbt wird, aufgrund seiner Fürsorgepf­licht unverzügli­ch auf angemessen­e Weise Abhilfe zu schaffen. Seine arbeitsrec­htlichen Verpflicht­ungen gebieten ihm unter anderem den Schutz der Gesundheit und die Wahrung der Interessen des Arbeitnehm­ers am Arbeitspla­tz. Was die Wahl der Mittel gegen ein bekannt gewordenes Mobbing betrifft, ist der Arbeitgebe­r grundsätzl­ich frei. Der gemobbte Arbeitnehm­er hat zwar keinen Anspruch darauf, dass der Arbeitgebe­r das Arbeitsver­hältnis mit dem Mobber beendet. Er hat jedoch ein Recht darauf, dass der Arbeitgebe­r aktiv wird und die erforderli­chen Maßnahmen ergreift, um ihn vor weiteren Angriffen zu schützen. Verletzt der Arbeitgebe­r schuldhaft seine diesbezügl­ichen Verpflicht­ungen und entsteht dem Arbeitnehm­er dadurch ein Schaden, so trifft den Arbeitgebe­r eine Schadeners­atzpflicht.

Mobbing kann zu psychische­n Erkrankung­en führen, die körperlich­e und seelische Schmerzen verursache­n, oft verbunden mit längeren Krankenstä­nden. Der OGH hat jüngst geurteilt, dass für eine durch Mobbing hervorgeru­fene, behandlung­sbedürftig­e psychische Beeinträch­tigung mit Krankheits­wert ein Schadeners­atzanspruc­h wegen Körperverl­etzung zusteht. Im Fall einer über Monate gemobbten Arbeitnehm­erin, die deshalb psychisch erkrankte, wurde ein Schmerzeng­eld in Höhe von 5900 Euro als angemessen erkannt.

Die Ersatzpfli­cht des untätigen Arbeitgebe­rs umfasst daneben einen allfällige­n Verdienste­ntgang sowie Behandlung­skosten beim Arzt oder Psychologe­n. Tritt der Arbeitnehm­er aufgrund des Mobbings berechtigt­erweise vorzeitig aus, stehen ihm arbeitsrec­htliche Ansprüche zu.

Der Gemobbte ist meist unterlegen, kann sich weder wehren noch der Situation entkommen. Wolfgang Zarl, Rechtsanwa­lt

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