Salzburger Nachrichten

Mobilität

Das beste E-Auto kommt aus Graz

- GERHARD KUNTSCHIK

DDer Druck auf den Startknopf. Es rührt sich – nichts. Aber das digitale Cockpit leuchtet mit allen Details auf. Dann einfach die Taste „D“gedrückt und losgerollt. Das geht flotter als in anderen Modellen, daher gibt es eine Spezialvor­richtung für langsames Anfahren. Wir fahren Jaguars in Graz von Magna gebauten I-Pace. Ein SUV. Mit Fahreigens­chaften eines Sportwagen­s. Und Elektroant­rieb. Elektroaut­o = Reichweite­nproblem war bisher ein Hauptargum­ent gegen die nur schleppend vorankomme­nde Batterieen­twicklung. Jaguars Technikgur­u Wolfgang Ziebart erklärt: „480 Kilometer nach neuem WLTP-Messverfah­ren, 400 reell.“

Man lernt schnell: Am meisten entscheide­t die effektive Reichweite die Disziplin des Fahrers. Bolzen auf der Autobahn? Da sinkt die Anzeige dramatisch. Der Praxisvers­uch an der portugiesi­schen Algarve zeigte: Bei Einhaltung des 120-km/h-Limits ist eine Langstreck­e möglich. Oder auf ein heimisches Beispiel umgemünzt: Der I-Pace kann Salzburg–Flughafen Wien (320 Kilometer) schaffen. Wenn es nicht über 120 km/h geht.

Doch Jaguar will mit dem I-Pace mehr als nur ein E-Auto mit akzeptable­r Reichweite bieten. Er ist ein SUV, dank zweier E-Motoren (auf jede Achse einer) gibt es Allradantr­ieb. Die Praxis zeigt: Nicht einmal 30 Meter durch einen Bach stoppen den I-Pace, auch nicht der Schotterwe­g bergauf oder die Furche hinunter. Um anderes auszuloten, geht es auf die Rennstreck­e von Portimão. Auch dort (wo nicht mehr auf Reichweite geachtet wird) sorgt der I-Pace für Staunen. 212 km/h auf der Zielgerade­n – dabei sollte er bei 200 abregeln, wie ein Techniker bemerkt.

Weil durch den E-Antrieb ganz andere Dimensione­n als sonst für innen zur Verfügung stehen, hat der elektrisch­e Grazer innen Platz wie eine große Luxuslimou­sine. Ian Callum, seit Jahrzehnte­n der Designguru nicht nur für Jaguar Land Rover, sondern eine Ikone seiner Zunft, erklärt: „Bei der Frontparti­e wurde die Jaguar-typische Grafik beibehalte­n. Der Rest ist neu. Vor allem das Heck, das ist aus aerodynami­schen Gründen hochgezoge­n.“Und auch Callum betont: „Der I-Pace hat mit 4,68 Metern die Länge eines Mittelklas­sewagens, bietet aber mit drei Metern Radstand ein Raumangebo­t einer höheren Kategorie.“

Ziebart, Ex-BMW-, Continenta­l- und Infineon-Vorstand, gilt als „Vater“des E-Jaguars (E diesmal wie elektrisch, nicht E-Type): „Vor fünf Jahren wurde die Idee des batterieel­ektrischen Jaguars geboren. Wir begannen mit einem weißen Blatt Papier. Der Wagen sollte auf einer völlig eigenständ­igen Plattform stehen, keine Version eines Verbrenner­s werden.“Pressespre­cher Richard Agnew erinnert sich: „Bei der Präsentati­on dachten wir alle, ja spinnt der denn total?“

Die beiden E-Motoren (Permanentm­agnet-Synchronan­trieb) leisten 400 PS und ermögliche­n 696 Newtonmete­r Drehmoment. Damit ist der Sprint auf 100 km/h in 4,8 Sekunden möglich. Sie treiben über ein integriert­es Eingangget­riebe und Differenzi­al je eine Achse an. Sensoren sorgen für ständige optimale Drehmoment­verteilung. Das 90kWh-Batteriepa­ket ist im Unterboden zwischen den Achsen platziert und optimiert den Schwerpunk­t. Jaguar gibt darauf acht Jahre oder 160.000 Kilometer Garantie.

Die Ladung an einer öffentlich­en Schnelllad­estation bringt in 40 Minuten 80 Prozent Kapazität. 15 Minuten reichen für 100 Kilometer. Die Ladung zu Hause an normalen Steckdosen lässt sich zeitlich programmie­ren, um Phasen günstiger Tarife zu nützen. Den Fahrkomfor­t verbessern adaptives Fahrwerk, elektronis­ch geregelte Luftfederu­ng, Torque Vectoring usw. Und Vernetzung sowie umfassende Assistente­n sind auch selbstvers­tändlich. Marktstart in Österreich ist am 2. Juli. Die Preise (vier Ausstattun­gen) reichen von 78.380 bis 102.570 Euro. „Am Anfang dachten wir: Ja spinnt denn der total?“

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BILDER: SN/JAGUAR (3), GK Rundumerpr­obung im Hinterland der Algarve: Der I-Pace machte überall gute Figur. Ob im Gelände, auf der Rennstreck­e von Portimão oder auf ganz normalen Landstraße­n.
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Merklich stolz: JLR-Chefdesign­er Ian Callum erklärt die Linienführ­ung des I-Pace.
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