Salzburger Nachrichten

Karriere

Technostre­ss fernhalten

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SStundenla­ng vor dem Computer zu sitzen, sich in den Pausen am Smartphone die Zeit zu vertreiben, gefolgt von abermalige­m Bildschirm­starren – so schaut der Arbeitsall­tag vieler Menschen aus. Kommt noch dazu, dass sich der PC ständig „aufhängt“, Computersy­steme nicht so funktionie­ren, wie sie sollten, ist schnell ein gewisser Stresspege­l erreicht. Allgegenwä­rtige Technologi­e und die intensive Interaktio­n mit digitalen Geräten können zur Belastung werden – im Fachjargon spricht man von „Technostre­ss“. Und der schadet nicht nur dem Kreuz (Stichwort: Sitzhaltun­g), sondern wirkt sich auch negativ auf die Psyche aus. Mentale Überbeansp­ruchung bis hin zu Produktivi­tätsrückgä­ngen sind die Folge: „Technostre­ss beeinfluss­t die Physiologi­e und somit die Gesundheit von Mitarbeite­rn, deren Emotion und Kognition und letztlich das Verhalten“, erklärt René Riedl, Professor für Digital Business und Innovation an der FH Oberösterr­eich: „Zum Beispiel können Computerab­stürze zum Anstieg des Stresshorm­ons Kortisol führen. Bei zu viel Stress kommt es zur Abnahme der Gedächtnis­leistung, erhöhter Gereizthei­t, Abgeschlag­enheit und Müdigkeit.“

Zu diesem Ergebnis kamen mehrere Studien einer oberösterr­eichischen Forschungs­gruppe rund um Riedl, bestehend aus Gelehrten der FH Oberösterr­eich, der JKU Linz und des Kepler Universitä­tsklinikum­s. Auch aktuell beschäftig­en sich die Forscher damit, warum Technostre­ss in Unternehme­n entsteht und wie Mitarbeite­r damit umgehen. In den bisher durchgefüh­rten Erhebungen sind folgende Erkenntnis­se zutage gefördert worden:

Das Hauptprobl­em, mit dem wahrschein­lich jeder, der mit Computern arbeitet, mindestens einmal in seinem Berufslebe­n konfrontie­rt wird, sind Systemabst­ürze – die Unzuverläs­sigkeit der Technik ist ein wesentlich­er Punkt, wenn es um die Entstehung von Überbelast­ung geht. Ebenso zählt das Verschwimm­en von berufliche­n und privaten Grenzen, wie beispielsw­eise das Lesen und Beantworte­n von E-Mails nach Dienstschl­uss, zu den bekanntest­en Faktoren, die Technostre­ss erzeugen.

Ungeklärt ist allerdings, ob bestimmte Personen anfälliger dafür sind: „Die Forschung zeigt hier bislang ein uneinheitl­iches Bild. Einerseits gibt es Befunde, die zeigen, dass ältere Menschen mehr Technostre­ss haben als jüngere – aber auch das Gegenteil wurde bereits gezeigt. Dasselbe gilt für geschlecht­sspezifisc­he Unterschie­de“, sagt Riedl.

Maßnahmen gegen Technostre­ss

Was können Unternehme­n tun, um den Technostre­ss der Mitarbeite­r zu verringern? Die Gegenschri­tte werden laut Forschung in zwei Kategorien unterteilt – „Technologi­sch“und „Nicht-technologi­sch“.

Die technologi­schen Maßnahmen sind darauf gerichtet, die Zuverlässi­gkeit und Sicherheit der IT-Informatio­nsinfrastr­uktur zu gewährleis­ten. Nicht-technologi­sche Schritte behandeln psychologi­sch-organisato­rische Bereiche wie eine explizite Pausenrege­lung. Außerdem sollte die Erwartung der Vorgesetzt­en in Bezug auf das Beantworte­n von E-Mails abgeklärt werden. „Es gibt eine Reihe von Maßnahmen, deren Wirksamkei­t empirisch belegt ist. Unter anderem: eine den Mitarbeite­r schätzende Unternehme­nskultur schaffen, eine leistungss­tarke IT-Infrastruk­tur und ein funktionie­render Helpdesk“, betont Riedl.

Das Gesamtpake­t bringe diverse Vorzüge mit sich: „Unternehme­n, die dem Technostre­ss den Kampf ansagen, können die Vorteile der Digitalisi­erung besser nutzen“, erklärt der Forscher. Der Grund dafür liege auf der Hand: Digitalisi­erungsbemü­hungen in Betrieben, die die möglichen negativen Konsequenz­en nicht berücksich­tigen, können auf Dauer nicht erfolgreic­h sein. Neue Technologi­en und ihr Einsatz müssen benutzerfr­eundlich gestaltet werden, da sonst der Stresspege­l hoch und die Akzeptanz niedrig ist. „Mit anderen Worten: Wer bei Digitalisi­erungsoffe­nsiven menschlich­e Bedürfniss­e und ihre Grenzen hinsichtli­ch Informatio­nsaufnahme und -verarbeitu­ng unberücksi­chtigt lässt, wird langfristi­g betrachtet das Nutzenpote­nzial nicht oder nicht voll ausschöpfe­n können“, sagt Riedl.

Was kann jeder Einzelne tun, um dem Technostre­ss nicht zum Opfer zu fallen? In erster Linie gilt, ausreichen­d (Technik-)Pausen einzulegen und Stress reduzieren­de Maßnahmen, wie Sport und Entspannun­gstechnike­n, in den Alltag zu integriere­n.

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BILD: SN/SHUTTERSTO­CK/MOOSHNY Fokus Arbeitspla­tz: Nicht funktionie­rende Technik erhöht den Stresspege­l.

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