Salzburger Nachrichten

Grausame Entwicklun­g der Schulpolit­ik

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Als ehemaliger AHS-Lehrerin, die oft genug ihre Schülerinn­en und Schüler nach einer verhauten Mathe-Schularbei­t getröstet hat, blutet mir das Herz, wenn ich mitverfolg­e, was sich derzeit bei den Maturaprüf­ungen abspielt bzw. abgespielt hat.

Abgesehen von zu großer Textlastig­keit, missverstä­ndlichen Aufgabenst­ellungen, unnötigen Fallen etc. Wenn es tatsächlic­h stimmt, dass der richtige Lösungsans­atz (d. h., die Aufgabe wurde verstanden!) nicht bewertet wird, sondern das gesamte Beispiel aufgrund eines Rechenfehl­ers oder gar wegen einer fehlenden Maßangabe neben dem richtigen Ergebnis negativ zu beurteilen ist, dann Gnade uns Gott, was da offensicht­lich für eine Gesellscha­ft herangezüc­htet werden soll!

Denn was wird damit signalisie­rt: Man darf sich ja keinen Fehler erlauben. Man hat perfekt zu sein! Hier ist jedes menschlich­e Maß verloren gegangen. Und am allerwenig­sten verstehe ich, dass die Lehrer, die – wie ich sehr wohl weiß – selbst unter diesen entmündige­nden Umständen leiden, nach wie vor brav mitspielen und sich auf diese Weise mitschuldi­g machen an der grausamen Entwicklun­g. Es scheint, als wäre es für die Mahnung „Wehret den Anfängen!“schon zu spät, denn was die Schulpolit­ik betrifft, befinden wir uns bereits mitten auf dem Weg zur Diktatur. Mag. Anna Maria Yvon, 3910 Zwettl

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