G8, G7, G6 – oder: Ein bisschen Schwund ist immer . . .
Die Meetings der größten Industriestaaten wirken fast schon wie der Kinderreim über „zehn kleine dunkelhäutige Kinderlein“.
Wenn sich die Großkopferten treffen, dann erwartet die Welt im Normalfall große Ankündigungen, Versprechungen, bedächtige Analysen von Problemen der Weltwirtschaft und der Weltpolitik – mit einem Wort: Wir möchten gern hören, dass die Mächtigen und Wichtigen diese Welt einigermaßen zu unserem Wohl im Griff haben. Diese Hoffnung erfüllt sich freilich so gut wie nie. Ob das nun die Gesamtheit der Vereinten Nationen ist, deren Vollversammlungen selten mehr sind als Foren der Selbstdarstellung, der Weltsicherheitsrat, der noch kaum je einen Konflikt gelöst oder auch nur verhindert hätte, oder die regelmäßigen Treffen der größten Industriestaaten der Welt.
Was auch immer vor und hinter den Kulissen des Treffens der G7 in Kanada wirklich geschehen sein mag, es zeigt eine beunruhigende Tendenz: Die Einigkeit der Großen hat eine Halbwertszeit wie Vanilleeis auf einem Kindergeburtstag.
Das Konzept der „Großen Sieben“leidet ja schon von seinen Ursprüngen her an einer ganzen Reihe von Mängeln, die später noch durch politische Manöver verschärft wurden. Träfen da wirklich die größten Industrienationen der Welt zusammen, um ökonomische Probleme zu bereden, dann dürfte zumindest China heute nicht mehr fehlen, Russland müsste wohl auch dabei sein. Die Chinesen kochen ihr eigenes Ökonomie-Süppchen und Russland wurde ausgeschlossen aus der (damals noch) G8, weil Wladimir Putin die ukrainische Krim „heim in sein Reich“geholt und das Nachbarland mit Krieg überzogen hat.
Die Kluft zwischen den USA und den anderen sechs Staaten (Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Japan, Kanada und Italien) ist dank des diplomatischen Talents und des politischen Sachverstands von Donald Trump so tief und so breit, dass es niemanden wundern würde, hieße der nächste Gipfel G6. Italiens links-rechts-populistische Regierung ist auf dem besten Weg, das Land in eine Schulden- krise zu treiben, die die griechische Tragödie der vergangenen Jahre weit in den Schatten stellen wird – also dann: G5? Der Exit der Briten aus der EU dürfte dem Land mehr Probleme als Vorteile bringen. Sollte dann aus Großbritannien Little Britain werden – treffen sich dann nur noch G4?
Das Ganze erinnert verdächtig an jenen politisch inkorrekten Kinderreim, bei dem zehn kleine dunkelhäutige Kinderlein durch verschiedene unvorsichtige Aktivitäten dezimiert werden und schließlich verschwinden. Agatha Christie hat daraus einen Krimi gemacht: An einem abgelegenen, einsamen Ort trifft sich eine Gruppe von Menschen, die nach und nach auf mysteriöse Weise ermordet werden. Abgesehen davon, dass bei einem Meeting der Großkopferten niemand umkommt, klingt das doch fast, als hätte Agatha Christie ein Drehbuch für diese Gipfeltreffen geschrieben, oder?